DIANA EVANS: „LEUTE WIE WIR“


„Leute wie wir“ ist der Debütroman der englischen Autorin Diana Evans und tatsächlich kann man die Entwicklung ihrer Hauptfiguren ziemlich typisch nennen. Und das, obwohl sowohl Michael und Melissa wie auch Damian und Stephanie multiethnischer Herkunft sind.
Die ein oder andere Besonderheit hinsichtlich gesellschaftlicher Akzeptanz oder auch Rassismus spielt lediglich unterschwellig und daher eher nebenher eine Rolle. Das zentrale Thema ist vielmehr, wie der Alltag in Verbindung mit dem Älterwerden die Liebe selbst vermeintlicher Traumpaare zernagt. Als ein solches galten „M & M“, wie die seit 13 Jahren zusammenlebenden Melissa und Michael angesehen werden.
Es begann als große Liebe, doch inzwischen bröckelt das Miteinander wie ihr altes Haus im nicht sehr feinen Stadtteil Crystal Palace. Während Michael die einstige Leidenschaft vermisst und die beiden Kinder zuweilen als Störfaktor für innige Stunden empfindet, denkt Melissa immer sehnlicher an ihr einstiges glitzerndes Leben als Mode- und Lifestyle-Redakteurin. Stattdessen stillt sie frustriert das zweite Kind und die Liebe ist längst dem Frust gewichen.
Bei Stephanie und Damian mit ihren mittlerweile drei Kindern sieht es etwas anders aber kaum besser aus. Hier geht die Enddreißigerin allerdings ganz in ihrer Mutterrolle auf, wogegen sich der frustrierte Damian nach den früheren bewegten Jahren in der Londoner City sehnt. Das bleibt aber aus mangelndem Antrieb trotz ständiger Ehestreitigkeiten nur theoretisch. Bis er schließlich die von jeher heimlich angehimmelte Melissa – immerhin die Partnerin seines besten Freundes – ganz konkret anbaggert.
Doch der beginnt selbst eine Affäre und irgendwie sind schließlich alle Protagonisten nicht nur innerlich „am äußersten Ende ihrer Jugend angelangt“. Vier Enddreißiger, denen ihr Liebesglück wie ihre Lebensentwürfe im Alltagsdickicht samt Kindersegen aus den Händen gleitet. Wobei kein Urteil gefällt und niemandem eine Schuld im eigentlichen Sinne vorgehalten wird.
Diana Evans erzählt dieses sehr authentische Geschichte ausschweifend, detailfreudig und mit dichter Atmosphäre. Vor allem aber überzeugen ihre Charaktere und der Kosmos, in dem sie leben. Fazit: ein Gesellschaftsroman ganz nah am Puls der Zeit.

# Diana Evans: Leute wie wir (aus dem Englischen von Mayela Gerhardt); 413 Seiten; Atlantik Verlag, Hamburg; € 24

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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