TOM CHATFIELD: HIER IST
GOMORRAH
Tom Chatfield ist von Beruf Technologiephilosoph. Nach diversen Publikationen zu IT-Themen
legt der promobierte Experte nun seinen Debütroman vor. Und es sei vorweg gesagt: die
Kennzeichnung als Thriller ist absolut gerechtfertigt.
Hier ist Gomorrah lautet der Titel und im Mittelpunkt steht Azi Bello, ein
Hacker der Sonderklasse. Als typischer Nerd hat der Londoner sich ein mit eigenhändig
optimierten Hightech-Anlagen vollgestopftes Paradies in einer Gartenlaube geschaffen. Er
sieht sich selbst als hochfunktionalen Chaoten und als nur begrenzt altagstauglich.
Über pfiffige Hacker-Aktionen ist er längst hinausgewachsen und er sieht sich als Geist,
dessen Spur niemand im Netz aufspüren kann. Was auch so sein muss, denn aktuell
unterwandert er die weltweit operierende Neonazi-Organisation Defiance. Dafür
hat er eigens eine Fake-Existenz aufgebaut mit Jim, den er nach alter Geheimdienstmethode
mit einer Identität einer echten, als Kind verstorbenen Person samt biografischem Umfeld
angelegt hat.
Völlig überraschend wird er jedoch von einer attraktiven jungen Muslima aufgeschreckt,
die unversehens vor seiner Laube steht und um Hilfe bittet. Diese Munira Khan hat zwei
Cousins, die als IS-Kämpfer im Terroreinsatz sind. Munira ist zwar selbst Hackerin,,
braucht jedoch Azis Fähigkeiten und sie lockt ihn mit der Chance, in ein Netz
einzudringen, gegen das das berüchtigte Darknet Kinderkram sei.
Gomorrah heißt die sagenumwobene Plattform. Und Einzelgänger Azi würde
lieber die Finger davon lassen, doch nun drängt auf einmal auch ein ominöser
Geheimdienst, die einmalige Chance zum Unterlaufen zu nutzen. Tatsächlcih lässt sich Azi
nicht nur auf das heikle Spiel ein, er missachtet sogar die ehernen Grundsätze eines
jeden Hackers: nie eine Spur zu hinterlassen und niemandem zu treuen.
Im Nu geht es auf Reisen und mitten hinein in eine lebensgefährliche Achterbahn im extrem
humorlosen Spiel mit Neonazis und IS. Sicherheit gibt es nirgends und schon gar nicht Netz
und Azi wird gleich von verschiedenen ominösen Seiten gejagt. Eine extreme virtuelle Welt
tut sich auf, in der aber auch ganz echtes Blut fließt.
Schnell, hart und mit sarkastischem Witz treibt das Geschehen auf ein aberwitziges Finale
im deutschen Görlitz zu, denn jemand arbeitet auf nichts Geringeres als ein großes Fanal
zu einem Umsturz hin. - Ein außergewöhnlicher Thriller in einer ScienceFiction-Welt, die
längst begonnen hat und auch deshalb beängstigend real erscheint. Fazit: ein
Leckerbissen für jeden Freund realistischer Hochspannungsliteratur.
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