RAY BRADBURY: FAHRENHEIT
451
Fahrenheit 451 erschien erstmals 1953 und gehört bis heute zu den
meistzitierten Meisterwerken der Weltliteratur. In nur neun Tagen hatte Ray Bradbury
(1920-2012) wie im Fieber dieses dystopische Zukunftsvision niedergeschrieben.
Zum 100. Geburtstag des Multitalents und Vielschreibers gibt es endlich eine
Neuübersetzung des Romans, die allein schon wegen zweier Dinge unbedingt das Lesen zu
einem Fest macht: die Überwindung der altbackenen Übersetzung von 1955 und die
Beseitigung eines begrifflichen Grundfehlers darin.
Der Feuerwehrmann war bisher mit diesem deutschen Begriff übersetzt, doch Guy Montag, die
Hauptfigur, ist alles nur kein Brandschützer sondern ein diensteifriger
Fireman. So heißt es im Original und das trifft es, denn er und seine
Kollegen verbrennen Bücher und ganze Häuser mit Büchern und gegebenenfalls auch deren
Besitzer gleich mit.
Diese Feuermänner tragen die Zahl 451 stolz als Emblem am Helm, denn sie signalisiert die
angebliche Temperatur (= 233° Celsius), bei der Bücherpapier entflammt. Damit bekämpfen
sie die größte Gefahr für das wohlgeordnete autoritäre Staatswesen, denn Bücher regen
zum Denken an und fördern Kritik und Individualismus. Das Volk soll ruhig sein und das
Leben sorgenfrei genießen.
Montags Frau Mildred zum Beispiel schaut die ganztägige Fernsehberieselung, schnattert
mit ihren Freundinnen und fürs Gemüt gibt es Gute-Laune-Drogen. Auch Montag funktioniert
mit großem Pflichteifer für das System und das sehr erfolgreich. Erste feine Risse
erhält seine Selbstzufriedenheit durch die junge Clarisse, eine heimliche Buchleserin,
der er wiederholt auf dem Heimweg im Zug begegnet.
Sie fragt solche ungewohnt ernsthaften Dinge wie, ob er glücklich ist. Zudem weist sie
ihn auf die Schönheit der Natur, auf Gerüche und manch anderes eigentlich Normales hin.
Clarisse verschwindet zwar bald und das vermutlich nicht freiwillig, für Monat aber hat
sie ein Nachdenken angestoßen. Um so mehr ödet ihn sein verblödetes Zuhause an.
Bald beginnt er zu freveln, steckt bei Einsätzen heimlich erste Bücher ein. Und das
Lesen versetzt ihn in einen regelrechten Rausch der Erkenntnis. Als er dann auch noch mit
blinder Euphorie daheim vor Frau und Freundinnen aus den so streng verbotenen Büchern
rezitiert, dringt der Verdacht zu seinem Vorgesetzten vor. Der endgültige Bruch kommt mit
einem traumatischen Einsatz: eine alte Frau verbrennt lieber mit ihren Büchern als diese
aufzugeben.
Montag wird schließlich zum Staatsfeind erklärt und soll samt Haus ausgemerzt werden.
Ihm bleibt nur die Flucht in die Wälder zu den Menschen der Bücherbewegung,
Abtrünnige, die das literarische Wissen der Menschheit durch Auswendiglernen großer
Werke zu retten versuchen. Montag wird einer von ihnen, die die vage Hoffnung dieser gar
nicht so fernen Zukunft darstellen.
Peter Torberg hat diesen visionären Roman in eine zeitlos aktuelle Sprache übertragen
und ihn damit auch für heutige Generationen zu einer grandiosen Leseentdeckung gemacht.
Fazit: ein Stück Literatur, das in uneren Tagen voller medialer Reizüberflutung und
allseits gedeckter Genusssucht aktueller denn je erscheint und schon deshalb lange
nachhallt.
|