JOHN DOS PASSOS: „USA-TRILOGIE“


John Dos Passos (1896-1970) zählt zu den größten US-Romanautoren. Herausragend in seinem umfangreichen Werk sind jedoch die drei Romane, die später folgerichtig zur sogenannten USA-Trilogie zusammengefasst wurden.
Nicht weniger als die gesellschaftliche Entwicklung der USA vom jungen ungebärdigen Einwandererstaat zur Weltmacht wollte er umfassend schildern. Tatsächlich wurden „Der 42. Breitengrad“, „1919“ und „Das große Geld“, in den 30er Jahren entstanden, zu einem einzigartigen, bravourös erzählten Kollektivporträt einer kommenden Weltmacht.
Nun gibt es dieses Opus Magnum unter dem schlichten Titel „USA-Trilogie“ in einer Neuübersetzung, die das gewaltige Werk für die Gegenwart erfrischend lesbar macht. Es ist eine bewegte Epoche, die der polyglotte Schriftsteller da mit großer Geschichte und privaten Katastrophen ebenso füllt wie mit politischen Ränkespielen, Liebesaffären und den krassen Unterschieden zwischen Hungerleidern und gierigen Kapitalisten.
Viele Einzelschicksale spielen Rollen, doch es gibt keine eigentlichen Hauptfiguren, wie ja auch die Schauplätze wechseln. Ob Hollywood zur Stummfilmzeit, mexikanische Revolution oder die tristen Arbeiterviertel von Chicago – es wird gestritten und gelitten. Armut und Ehrgeiz, rücksichtslose Karrieren und brachiales Scheitern lassen immer wieder den gesellschaftlichen Pessimismus des Autors durchscheinen.
Und dann erschüttert er passagenweise mit unerbittlichem Realismus zum Beispiel mit autobiografisch geprägten Gedankenfetzen aus den Schützengräben Frankreichs, wo er den zweiten Roman „1919“ mit dem geradezu höhnischen Satz enden lässt: „Woodrow Wilson brachte einen Straußen Mohnblumen.“
Ganz Privates und Weltgeschichte fließen wie selbstverständlich ineinander und Dos Passos als einer der großen Vertreter der amerikanischen Moderne krönt dieses Sittengemälde durch seine oft herausfordernden Stilelemente, wenn er Collagetechniken, Zeitungsausschnitte, Gereimtes, biografische Abrisse mit sarkastischem Humor und stets unerbittlich entlarvendem Blick einflicht.
Das wird gerade durch diese neue schnörkellose Übersetzung von Dirk van Gunsteren und Nikolaus Stingl – die ihrem als Meister des Faches ganz und gar gerecht werden – nicht nur zeitgemäß, es überrascht mit einer verblüffenden Aktualität. Fazit: hier ist einer der ganz großen Romanzyklen in frischem Kleid als literarisches Juwel wiederzuentdecken.

# John Dos Passos: USA-Trilogie (aus dem Amerikanischen von Dirk van Gunsteren und Nikolaus Stingl); 1645 Seiten; Rowohlt Verlag, Hamburg; € 50

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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