STEPHEN KING: BLUTIGE
NACHRICHTEN
Ganz viele nicht nur spannende sondern auch richtig dicke Bücher hat Stephen King
geschrieben. Doch von Zeit zu Zeit beglückt er die weltweite Schar seiner Fans auch mit
der kürzeren Form und gerade einiger seiner Kurzgeschichten oder Erzählungen wurden
Vorlagen für erfolgreiche Filme.
Nun hat der Bestsellerautor erneut eine kleine Sammlung vorgelegt, die unter dem Titel
Blutige Nachrichten aber auch ein gehöriges Volumen aufweist. Vier
unterschiedlich lange Geschichten aus den letzten Jahren sind es und es geht los mit der
simpelsten. Ein Knirps jobbt für einen einsamen reichen Mann und erbst eine erfreulichen
Betrag, als der stirbt.
Überschrieben ist das Ganze mit Mr Harrigans Telefon und es bekommt einen
typischen King-Touch, als der Junge ein Handy in den Anzug des Toten steckt und Kontakt
mit dem Beerdigten hält. Die Kurgeschichte Chucks Leben besticht dagegen
durch den literarischen Kniff, dass die Vita eines eigentlich sehr drögen Buchhalters in
drei Akten rückwärts erzählt und erst dadurch interessant wird.
Hauptstück der Sammlung aber ist die Titelgeschichte, die dem journalistischen Grundsatz
folgt, dass sich blutige Nachrichten medienmäßig besonders gut verkaufen lassen. Hier
kommt Stephen King zurück auf Holly Gibney, die schon in mehreren Romanen Rollen
innehatte. Diesmal ist sie die Hauptfigur, während andererseits eine ebenfalls typische
Figur Kings wiederkehrt: der Gestaltwandler, wie man ihn aus dem schwergewichtigen Roman
Der Outsider (2018) kennt.
Hier ist es allerdings ein Typ, der bisher stets nur an Schauplätzen von Katastrophen
auftauchte, um sie an Furcht und Trauer der Betroffenen zu weiden. Nun aber bastelt er
selbst eine Paketbombe und löst ausgerechnet an einer Schule ein blutiges Desaster aus.
Privatermittlerin Holly hat bald einen Verdacht und kommt dem Aufmerksamkeitssüchtigen
auf die Schliche. Das endet in einem starken Finale und man hätte sich mit mehr
Drumherum um diese 236 Seiten hier gut einen eigenständigen Roman mit
entsprechendem Umfang vorstellen können.
Bleibt die gewiefte letzte Erzählung über einen Schriftsteller, der sein Glück
erzwingen will. Wobei er beinahe zugrunde geht, bis ihn die hier titelgebende
Ratte heimsucht. Wie es dabei zu einem geradezu faustischen Pakt kommt, das
hat nicht nur viel skurrilen Pfiff, es zeigt auch viel subtilen Humor des Autors.
Ohnehin schreibt Stephen King mit diesen vier Geschichten auch ein wenig gegen sein Image
als ewiger Horror-Erfinder an, dabei hat er gerade in den letzten Jahren schon
hinlänglich bewiesen, dass er stilistisch und mit der faszinierenden Vielfalt seiner
Buchideen längst auch in literarischer Hinsicht keine Konkurrenz mehr zu scheuen hat.
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