MARTIN SCHÄUBLE: SEIN
REICH
Sonderlinge, Prepper, Staatsfeinde, geistige Brandstifter, Waffennarren , Rechtsextreme?
All das scheinen die sogenannten Reichsbürger zu sein, Ob sie aber bei all dem nur
harmlose Spinner sind, dazu hat der Politikwissenschaftler Martin Schäuble einen
exzellent recherchierten Jugendroman geschrieben.
Sein Reich lautet der Titel und die Geschichte beginnt erst einmal recht
unauffällig. Der 15-jährige Schüler Juri aus Stuttgart hat zwei Probleme: seine nervige
Mutter mit ihrem faulen bierseligen Partner Hauke in der bescheidenen Mietwohnung und zum
Anderen stehen die Sommerferien bevor und er ist der Einzige in der Klasse, für den sich
kein Urlaub oder irgendetwas in der Art abzeichnet.
Frustriert kommt der Ich-Erzähler auf die seltsame Idee, seinen im Schwarzwald lebenden
Vater zu besuchen. Seltsam deshlab, weil der letzte Kontaktversuch vor zehn Jahren damit
endete, dass sein Erzeuger ihn samt der Mutter vor der verschlossenen Tür stehen ließ.
Ein bisschen beklommen ist Juri also schon, als er sich ihne Anmeldung mit großem
Rucksack auf den Weg in das abgelegene Dorf macht.
Nicht gerade vor Selbstbewusstsein strotzend, hofft Juri ein wenig auf ein Miteinander mit
dem so fremden Vater. Der erweist sich zwar als sehr wortkarg, aber längts nicht so
abweisend wie befürchtet. Es kommt sogar zu richtigen Vater-Sohn-Stunden, denn beide sind
begeisterte Modellbauer, und Juri hat auch seinen ersten Angelausflug.
Außerdem nimmt ihn der knorrige Vater mit zu seinem Freund Achim. Durch den Juri in eine
sehr eigene Welt gerät, denn der überaus selbstbewusste Aussteiger lebt mit seiner
Familie auf einem Gutshof im Wald. Nicht nur sehr naturnah bis hin zum selbst gejagten
Fleisch, auch die Familienstruktur ist ganz von vorgestern mit der sorgenden Hausfrau und
Mutter, den 13-jährigen Schwestern Margarete und Martha, die sämtliche Hausarbeit
machen. Derweil dürfen die Brüder Kurt und Heinrich sich mit dem Jagen und dergleichen
austoben.
Handys, Fernsehen und Elektronik gibt es nicht und auch Juris Vater unterbindet weitgehend
den Gebrauch des Smartphones. Und allmählich wundert sich Juri über immer mehr
merkwürdige Verhaltensweisen und markige Ansichten vom Vater und noch mehr von Achim. Der
outet sich als Prepper mit Waldbunker voller Vorräte in Vorbereitung auf den großen
Krieg, der kommen wird.
Dem völlig unvorbelasteten Juri wird immer schwummeriger über die abstrusen Ansichten
des Vaters: Keine Behörde kann uns etwas vorschreiben, die haben alle keine
Berechtigung. Die BRD ist eine Firma. Mehr nicht. Deshalb fertigt der alte Karl
im Dorf als Obernazi bekannt auch in seiner Autowerkstatt Kfz-Kennzeichen
mit dem Signum Deutsches Reich.
Heimlich hat Juri derweil Kontakte zu anderen Jugendlichen im Dorf, allen voran mit den
Schwestern Jule und Jessy und deren Freund Aschenbecher. Da fühlt er sich
ungleich wohler, zumal ihn die Mädchen mindestens so reizen wie Achims anhängliche
Tochter Margarete. Diese Jugendlichen aber wissen einiges über die gar nicht so harmlosen
Reichsbürgern, um so rabiater unterbindet Juris Vater nicht nur seinen Kontakt zu ihnen
sondern auch die heimliche Flucht vor dieser Idiotensekte, wie er sie
inzwischen für sich nennt.
Und dann steuert das Alles immer heftiger in ein knalliges Finale was hier aber
nicht gespoilert werden soll. Zugegeben, das Thema ist sperrig und komplex, doch Martin
Schäuble ist es gelungen, das locker, ohne erhobenen Zeigefinger und auch sprachlich sehr
jugendnah zu erzählen. Harmlose Irre, diese Leute mit ihren bescheuerten Theorien? Oh
nein, vielmehr gefährliche Spinner was dieser Roman auf sehr spannende Weise
klarzumachen versteht.
Fazit: nicht nur für junge Leser ab 13 Jahre ein ebenso fesselndes wie wichtiges Buch,
sondern auch als Schullektüre unbedingt zu empfehlen.
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