KATJA LEWINA: SIE HAT
BOCK
Hallo? Das zwischen unseren Beinen ist ein eigenständiges Organ und kein Loch, das
darauf wartet, durch einen Mann gefüllt zu werden! Es besteht aus einer Vagina und aus
einer Vulva, und die beiden sollten ebenso wenig verwechselt werden wie Penis und Hoden.
Das ist eine Frage des Respekts.
Das ist eine der unmissverständlichen Klarstellungen, wie sie Katja Lewina mit großem
Erfolg in ihrer Kolumne untenrum im Online-Magazin www.jetzt.de in die Welt
setzt. Nun hat sie aus einer ganzen Reihe solcher, noch erweiterter Texte ein knackiges
Buch gemacht, das dem überkommenen und immer noch allgegenwärtigen Sexismus schonungslos
auf die Pelle rückt.
Und das ganz ohne verklemmten Feminismus und unter dem Titel Sie hat Bock. Der
gewissermaßen Programm ist, denn die gebürtige Russin, mit Ehemann und drei Kindern bei
Berlin lebend, führt ihren Aufklärungsfeldzug entlang der eigenen erotischen Biografie.
Mit unverstelltem Blick nennt sie die Dinge drastisch beim Namen. Ebenso mutig wie intim
enttarnt sie so die systematische Unterdrückung der Frauen, die schon bei den
Begrifflichkeiten beginnt.
Weibliches Begehren was zum Teufel soll das sein? wettert sie gegen all
die schiefen Einstufungen, wo ein Mann ein toller Hecht ist, wenn er reihenweise Frauen
flachlegt, eine Frau aber mit einer höheren Partnerfrequenz als Schlampe gilt. Offen
unterlegt sie ihre Ausführungen mit Schilderungen aus dem eigenen sehr munteren Sexleben,
unter anderem mit einem fest Freund nebenher in ihrer offenen Ehe.
Lust, Sex, Geilheit sind mit allen Schattierungen Thema und immer wieder spießt sie
kompromisslos und zugelich mit herzerfrischend bissigem Witz alteingefahrene
Rollenmuster und ihre zu Unrecht widerspruchslos akzeptierten Begleiterscheinungen auf.
Wie den Blowjob als gängige Unterwerfungsgeste, während sich Männer lingual in völlig
unangemessener Zurückhaltung üben. Und dann der anscheinend massiv verbreitete Hang zu
analem Sex auf den Frauen sehr weit weniger wild sind, als mann meint.
Hier prangert die mit gutem wie auch schlechtem Sex erfahrene Feministin eine höchst
unerfreuliche Entwicklung der letzten Jahre an: dass die sexuelle Aufklärung samt der
grundlegenden Einstellung zum Sexualleben von Pornos geprägt wird. Mit stumpfsinnigen und
völlig fehlgeleiteten Darstellungsweisen, die mit den realen Wünschen von Frauen
herzlich wenig gemein haben.
Es gelte ohnehin für jede Frau der Grundsatz: Niemand, der nicht möchte, muss
irgendwas. Wozu sie die seit Jahrtausenden domestizierte weibliche Sexualität als
solche entlarvt und den Männern ein geradezu geheiligtes Recht abspricht: die
Deutungshoheit über die weibliche Sexualität.
Mit starken Worten und sehr direkt nennt sie die Dinge beim Namen und so manche Leserin
wird erst staunen und dann jubeln über so viel längst überfällige Klarstellung. Doch
sei Sie hat Bock auch unbedingt für jeden sexuell aktiven Mann quasi als
Pflichtlektüre empfohlen, damit er endlich Bescheid weiß und von so manchem Vor- und
Fehlurteil abrückt.
Übrigens zum beiderseitigen Vorteil. Da bleibt nur noch mit der herrlich kessen Schnauze
der Autorin zu wünschen: Auf die Prostata, fertig, los!
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