ULRICH PFISTERER: „RAFFAEL - GLAUBE, LIEBE, RUHM“

 
Schon zu Lebzeiten galt Raffael als „Gott der Malerei“ und dieser Raffael Sanzio (1483-1520) aus Urbino stand in einer Reihe mit den beiden anderen absoluten künstlerischen Lichtgestalten nicht nur der Renaissance: Leonardo da Vinci (1452-1519) und Michelangelo Buonarotti (1475-1564).
Der 500. Todestag des jung verstorbenen Multitalents Raffael war nun Anlass für Ulrich Pfisterer als einen herausragenden Kenner der italienischen Renaissance für eine umfassende Gesamtdarstellung unter dem Titel „Raffael – Glaube. Liebe, Ruhm“. Der Professor für Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilian-Universität und Direktor des Zentralinstituts in München geht dem Wirken des genialen Meisters der Formen und Farben, des Lichts und der Schatten kenntnisreich nach.
Von den Anfängen in sehr jungen Jahren mit Altarbildern über seinen Durchbruch in Florenz bis hin zu seinen ruhmreichen Zeiten in Rom schlägt Pfisterer den Bogen. Schon früh wusste sich dieser äußerst innovative und dabei ungeheuer fleißige Künstler zu vermarkten und gewann die Päpste Julius II. und Leo X als besonders wichtige Förderer. Was ihm auch den Weg zum Baumeister für den spektakulären Neubau des Petersdoms ebnete.
Auch als Dichter, Antiquar und Architekt erntete Raffel Künstlerruhm und viele Skizzen aber auch Fotos aus der Bauzeit am Papstpalast belegen seine Vielfalt wie auch immer neue Ideen. Dennoch überstrahlt sein malerisches Schaffen alles andere und den Gipfel der dauerhaften Berühmtheit schuf er mit der „Sixtinischen Madonna“. Der opulente Textbildband zeigt hierzu wie zu anderen Heiligenbildern auch zahlreiche faszinierende Detailausschnitte.
In seinem bei aller wissenschaftlichen Akribie sehr lebendig gehaltenen Ausführungen analysiert Pfisterer jedoch nicht nur künstlerisches und handwerkliches Schaffen des ehrgeizigen und mutigen Künstlers. Mit unermüdlicher Schaffenskraft und hervorragenden Organisationstalent schuf er zudem eine wirkmächtige Werkstatt mit vielen Kooperationen. Die auch die außergewöhnliche Menge an entstandenen Werken erklärt.
Raffaels einschlägiger Ruhm lässt dabei zuweilen fast vergessen, dass er nicht nur Heiligenbilder von zeitloser Majestät und Schönheit schuf. So zählt er zu den einflussreichsten Neuerern der Porträtmalerei. Seine absolute Meisterschaft lebendiger Porträts mit teils wegweisenden Ideen – wie jene spektakulären Gesten, die den Betrachter quasi direkt einbeziehen – wurden schon von seinen Zeitgenossen gerühmt.
Doch der Mann mit dem offenbar einnehmenden Wesen, der bereits mit allerdings prall gefüllten 37 Jahren verstarb, hinterließ im Gegensatz zu den beiden anderen Jahrhundertgenies seiner Zeit außer einigen Notizen und Gedichten kaum Persönliches. 30 Jahre nach seinem Tod war es Giorgio Vasari, der ohne persönliche Kenntnis Raffaels das Bild des legendären Künstlers mit visionären Sehen recht eigenwillig aber wirksam für die Nachwelt prägte.
Ebenso akribisch und wissenschaftlich wie spannend und unterhaltsam tritt Ulrich Pfisterer diesen teils nicht wirklich sinnführenden Darstellungen entgegen. Fazit: ein Prachtband, der dank seiner umfassenden Qualitäten als Standardwerk künftig der Maßstab für jede Betrachtung Raffaels und seiner Kunst sein dürfte.

# Ulrich Pfisterer: Raffael – Glaube, Liebe, Ruhm; 384 Seiten, 235 farbige Abb., Großformat; C. H. Beck Verlag, München; € 58

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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