C. & C. FIELL: „DESIGN VON FRAUEN“


Design gilt noch immer als Domäne der Männer. Zu Unrecht, wie die britische Expertin Charlotte Fiell sagt: „Viel zu lange wurde die Bedeutung von Frauen in diesem Berufsfeld nicht berücksichtigt, obwohl ihr Vermächtnis für die Designgeschichte enorm ist.“
Wie sehr, das belegt Charlotte Fiell mit dem opulenten Textbildband „Design von Frauen“, den sie gemeinsam mit ihrer Tochter Clementine, einer renommierten Mode- und Lifestyle-Journalistin, verfasst hat. Noch heute sind nur wenige der großen weiblichen Design-Künstlerinnen als solche berühmt, denkt man an Coco Chanel oder Louise Campbell. Hier nun reicht der Bogen von der finnischen Möbeldesignerin Aino Aalto bis zur slowenischen Produktdesignerin Nika Zupranc.
Und weil 100 Jahre Frauenwahlrecht der Anlass für diese Richtigstellung der besonderen Art war, sind hier insgesamt 100 der einflussreichsten Designerinnen aus ebendieser Ära aufgeführt. Wer ins Vorwort vom „Rahmen einer feministischen Sichtweise“ liest, muss nicht zusammenschrecken, denn die einzelnen Porträts erweisen sich als wohltuend objektiv.
Kein Hehl wird allerdings daraus gemacht, wie stark Frauen in der offiziellen Riege der Design-Persönlichkeiten unterrepräsentiert sind oder mit ihrem Schaffen „untergeordnet“ wurden. Wobei man noch heute mit der Lupe nach Creative Directors suchen muss. Um so schwieriger war die Auswahl dieser 100, vor denen keine Form und kein Material sicher war und ist.
Ausgesucht wurden historische Persönlichkeiten, die Wegbereiterinnen ihrer Zeit waren und Spuren hinterließen wie Zaha Hadid (1950-2016), die nicht nur als Architektin Weltruf genoss, sondern als erste Frau auch mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet wurde. Oder man denke an Marianne Brandt (1893-1983) aus dem Bauhaus mit ihrem unschätzbaren Einfluss auf die Entwicklung des Designs der Moderne.
Nur wenige haben vermutlich schon einmal von Clara Driscoll (1861-1944) gehört, denn sie gehört zu den völlig Übergangenen: die Tiffany-Lampen mit ihrem einzigartigen Glasdesign wurden von Herrn Tiffany produziert, sie aber war der kreative Kopf dahinter. Ebenfalls nur Insidern bekannt, eröffnet die Kurzbiografie der 1946 geborenen Mimi Vandermolen einen verblüffenden Blick in eine absolute Männer-Domäne.
In den 70er bis in die 90er Jahre war es diese Niederländerin, die es bei Ford bis zur Chef-Designerin brachte und außer der erfolgsträchtigen „Revolution der runden Ecken“ auch viele wegweisende Neuerungen für Pkw-Interieurs kreierte. Vorgestellt wird mit Elizabeth Diller (Polen) zudem eine Architektin, von der des heißt: „Sie kann sich Dinge vorstellen, die der Rest der Welt erst sehen muss, um sie zu glauben.“
Am wenigsten Probleme, für ihre Designkünste anerkannt zu werden, hatten im Übrigen stets die Modeschaffenden von Laura Ashley bis Vivienne Westwood und eine prägte sogar eine ganze Ära mit: Mary Quant. Ihre Erfindungen von Minikleid und Hotpants sind noch heute Inbegriff der sexuellen und modischen Freiheit der 60er und 70er Jahre mit Beat-Music und Hippie-Zeit.
Dieses Buch ist ein großartige Hommage an die Reige der zu Unrecht unterrepräsentierten und unterbewerteten Frauen in dieser Branche und bietet eine unglaubliche Fülle an genialen und innovativen Designs mit Stil und Grandezza. Fazit: Frauen werden begeistert sein und „mann“ kann nur staunen und bewundern.

# Charlotte & Clementine Fiell: Design von Frauen (aus dem Englischen von Petra Frese, Wiebke Krabbe und Ulrike Lowis); 256 Seiten, div. Abb., Großformat; DuMont Verlag, Köln; € 34

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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