ARTURO PEREZ-REVERTE: „DAS LOS, DAS MAN ZIEHT“

 
Lorenzo Falcó ist wieder da, ebenso cleverer wie charismatischer Geheimagent in Diensten von Francos Geheimdienst SNIO. Mit dem Thriller „Das Los, das man zieht“ schließt der spanische Erfolgsautor Arturo Perez-Reverte die hochspannende Falcó-Trilogie.
Man hat den 37-jährigen Agenten ja bereits als eiskalten Vorläufer eines James Bond kennengelernt und wie bei 007 gibt es auch hier wieder eine Art Einspielaktion mit der Entführung eines einflussreichen Finanziers der „falschen“ Seite. Nach der Falcó von seinem Chef, dem Admiral, einen höchste ungewöhnlichen Auftrag erhält, der ihn auf dünnes Eis führt.
Ausgerechnet er als Kunstbanause soll seine Qualitäten als Lebemann und Frauenfeind einsetzen und sich in die Pariser Kunstszene einschleichen. Doch der Admiral hatte nicht umsonst zum Wesen des Metiers festgestellt, es sei „eine Branche, die das Lügen zur Kunstform erhoben hat.“ So soll Falcó den reichen kubanischen Kunstsammler Gazán spielen und Leo Bayard derartig bloßstellen, dass ihn die eigenen Anhänger eliminieren.
Der wohlhabende Intellektuelle und Abenteurer hat als überzeugter Kommunist die republikanischen Kräfte im noch immer tobenden Bürgerkrieg zeitweise sogar mit einer eigenen kleinen Fliegertruppe aktiv unterstützt. Die Einschleusung erfolgt durch den als Antifaschisten weithin bekannten Kunstsammler Hubert Küssen – insgeheim aber arbeitet der Österreicher für die deutsche Abwehr von Admiral Canaris.
Doch Falcós Agenda hat noch eine zweite Seite: man schreibt den Mai 1937 und der weltberühmte Picasso arbeitet an einem Riesengemälde, das die offizielle spanische Volksfront-Regierung für viel Geld für die bevorstehende Weltausstellung in Paris in Auftrag gegeben hat. Über Leo Bayard soll Falcó Kontakt zu dem Malergenie knüpfen und für die Vernichtung des missliebigen Kunstwerks sorgen, das aller Welt gegenüber die Gräueltaten der Faschisten demonstrieren soll.
Hin und her wogt das Geschehen und Picasso höchst persönlich agiert in seiner Rolle und erläutert dem faszinierten Geheimagenten – dem Ideologien gänzlich schnuppe sind - sogar das weltberühmte „Guernica“-Gemälde.
Zugleich entwickelt sich das Gegeneinander der Agenten aller Seiten ebenso unübersichtlich wie skrupellos. Da wird Falcó erstaunlich früh von gefährlichen Feinden enttarnt und Leichen pflastern nicht nur seinen Weg. Mehr von diesem elegant mit knapper Sprache verfassten Agententhriller vor sehr realem historischem Hintergrund sei aber nicht verraten. Wohin sich beim qualitativen Hochgenuss natürlich wie bei den beiden Vorgängerromanen ein massives Problem ergibt: Falcó zieht sofort unweigerlich die Sympathie des Lesers auf sich.
Und das als wenig zimperlicher Agent für den faschistischen Kriegsherren Generalissimo Franco! Das kann man nur dann ohne größere Gewissenskonflikte hinnehmen, wenn man die hier authentisch eingebauten Missetaten der Täter aller Seiten gegeneinanderstellt. Wer waren da die Guten und wer die Bösen? Die Gräuel zwischen den Kämpfenden von Rechts und Links untereinander wie auch gegen unzählige Zivilisten befinden sich in einer schrecklichen Balance. Zugleich attackieren rechte Nationalisten in Frankreich die Volksfrontregierung und Stalin lässt im Rahmen seiner berüchtigten Säuberungsaktion gleich den gesamten Generalstab hinrichten.
Fazit: wer mit diesen Bedenken und manch harten Szenen zurechtkommt, findet hier einen hochkarätigen historischen Thrillergenuss.

# Arturo Perez-Reverte: Das Los, das man zieht (aus dem Spanischen von Petra Zickmann); 432 Seiten; Insel Verlag, Berlin; € 24

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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