TOMI UNGERER: NON STOP
Als Jahrhundertillustrator wurde Tomi Ungerer (1931-2019) gerühmt, der aber auch als
Kinderbuchautor, Zeichner, Maler und Schriftsteller weltweit erfolgreich war. Nun ist als
posthumes Werk das knapp betextete Bilderbuch Non Stop erschienen.
Schon das Cover wirkt dunkel-plakativ, doch gilt es vorm Anschauen und dem Lesen der
knappen, wie gestanzt wirkenden Texte die Widmung zu studieren. Diese kleine
Hinterlassenschaft ist nicht nur seinen beiden Enkeln gewidmet, sondern auch seinem Bruder
Bernard: Der sich nach dem Tod unseres Vaters der Zukunft stellen musste und mein
Leitschatten wurde.
Ein solcher Schatten aber wird für Vasco auf seiner Odyssee immer wieder Richtungsgeber
und Retter. Vasco ist allein auf der leeren wüsten Erde, alle anderen Menschen sind auf
den Mond geflogen. Immer wieder bewahrt ihn der Schatten gerade noch rechtzeitig zum
Beispiel vor umstürzenden Häusern. Unterwegs erhält er von einem Nichts einen Brief und
findet dank seines Beschützers in jenes Krankenhaus, wo er den Winzling Poco retten soll.
Auch die weitere Reise ist geradezu apokalyptisch und führt dennoch zu einer Art Fata
Morgana, die für Vasco und Poco auf Dauer ein Überleben sichert. Es ist ein nachdenklich
stimmendes Happyend, so vage und unsicher wie die Zukunft sich in unseren gegenwärtigen
Zeiten darstellt. Alles ist entsprechend dunkel gestimmt trotz der kraftvollen surrealen
Farben.
Non Stop fesselt mit seiner äußerst reduzierten grafischen Darstellung, in
der jedes Bild bei aller Kargheit eine ganze Geschichte ausbreitet. Fazit: ein kleines
großes Abschiedswerk eines überragenden Künstlers, der das Leben viel zu ernst nahm, um
noch ein letztes locker-witziges Buch zu hinterlassen.
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