LUDWIG CARDANO: DIE
GLOCKE
Ludwig Cardano ist laut Verlagsangabe das Pseudonym eines deutschsprachigen
Schriftstellers, der beschlossen hat, Krimis und Thriller unter anderem Namen zu
veröffentlichen. Nun liegt sein erster Versuch unter dem Titel Die Glocke vor
und es sei vorweg gesagt: der ist vielversprechend gelungen.
Im Mittelpunkt steht Michael Manolis, 44, eigentlich Gymnasiallehrer, nach eigenem Willen
aber Schriftsteller. Mit sehr überschaubarem Erfolg. Um so freudiger folgt er der
Einladung seiner Agentin, eine kreative Pause in einem großzügigen Haus am Schwarzsee zu
machen. Der nicht sehr große Alpensee mit seinem tiefdunklen und sehr kaltem Wasser liegt
recht abseits.
Hier nun soll Manolis aus der Lady of the Lake von Walter Scott und Rossinis
entsprechender Oper La Donna des Lago einen spannungsgeladenen gegenwärtigen
Roman schaffen, der obendrein drehbuchtauglich sein sollte. Während er sich mühsam per
Internet in die Themenvorlagen reinwühlt, gibt es jedoch willkommene Ablenkung. 1000
Meter vom Ufer entfernt liegt die einzige Insel des Sees und darauf steht eine alte Villa.
So monströs und unlebendig der See auch daliegt, so belebt ist offenbar die
angeblich unbewohnte Insel. Manolis rudert um sie herum und entdeckt auf der abgelegenen
Seite einen Betonbunker und darin ein Kleinst-U-Boot der Deutschen Reichsmarine.
Und zwei Männer, die dort beratschlagen, einer davon ein älterer im Rollstuhl. Und wie
passt das zu der rätselhaften blonden Schönheit, die er meint, in der Nacht zuvor mit
dem Feslstecher am Fenster gesehen zu haben?
Und dann passiert genau das Richtige, um in Manolis den pubertären Abenteuermodus des
Möchtegern-Autors zu reaktivieren: die Dame aus der Villa morst SOS! Natürlich eilt er
hinüber und dort tritt ihm die schöne Elena Baronin Coltrano entgegen. Sie sei nicht in
Not, brauche aber dringend seine Unterstützung. Ihr Vater, der Mann im Rollstuhl,
verfolge seit Jahren eine intensive Suche nach einem der legendären Nazi-Schätze im See.
Sie misstraue jedoch seinem Faktotum Hausmann.
Weshalb sie nun auch ihren Geliebten, den angehenden Ingenieur Malcolm, hat kommen lassen,
um das high-techmäßig aufgerüstete U-Boot zu fahren. Das große Problem: weil der Baron
sich mittlerweile völlig verausgabt habe, soll sie den reichen spanischen Adeligen Don
Dordrigo heiraten. In das ständig hin und her wechselnde Geschehen spielt nun eine
spezielle Szene mit dem sogenannten Muspel hinein, einer der geheimsten
Geheimwaffen der Nazis, deren Informationen der Baron sogar vor seiner Tochter verborgen
hält.
Doch es gibt noch andere Kreise, die davon wissen und viel kriminelle und
geheimdienstliche Energie aufwenden, um das mysteriöse Gerät, das sie als die
Glocke bezeichnen, in ihre Hände zu bekommen. Wovon so ganz nebenher auch die nun
auftauchende Ordabella erfährt, die sehr scharfsinnige Ex-Frau von Manolis. Und sie und
ihr Ex bekommen nicht nur heraus, dass Elena den mittlerweile viel vielen
Tauchgerätschaften angereisten Don Rodrigo nicht heiraten soll, sondern seit zehn Jahren
seine Ehefrau ist.
Und es wird immer verrückter volle rhöchst spannender Überraschungen und dramatischer
Verwicklungen. Als dann noch Muspel tatsächlich aufsteigt, wird es endgültig
filmreif. Was da ein wenig quengelig begonnen hat, erwächst zu großem Kino und der Autor
hat das recht literarisch und zugleich munter und respektlos geschrieben. Fazit: ein
herrlicher Thrillerspaß mit manch eingestreutem subtilem Austro-Schmäh.
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