FLORIAN HARMS:
VERSUCHUNG
Ein Schweizer Lebensmittelkonzern ist auf der Suche nach neuen Verkaufsschlagern
vermutlich auf eine höchst verheißungsvolle Spur gestoßen: einen neuen, den sechsten
Primargeschmack. Mit seiner offenbar sofortigen Heißhunger auslösenden Wirkung könnte
er ein Milliardengeschäft eröffnen.
Natürlich muss so etwas absolut diskret behandelt werden gegenüber der Konkurrenz, doch
die firmeneigenen Ermittler kamen bei Flugzeugabstürzen ums Leben. Damit kommt Walter
Calanda ins Spiel, ein Privatdetektiv aus Hamburg, ebenso clever wie diskret und mit
besten Kontakten bis hin zu Geheimdiensten. Und mit ihm beginnt eine spannende Jagd nach
dem Grundstoff für Aroma M 1 unter dem Titel Versuchung.
Verfasst hat diesen Thriller Florian Harms, unter anderen studierter Islamwissenschaftler
und jahrelang Chefredakteur bei SPIEGEL-online. In den islamischen Raum vom Maghreb bis
ins Syrien vor dem Bürgerkrieg führt das Geschehen auf der Suche nach dem Geheimnis des
offenbar in den frühen Glanzzeiten des Islams gefundenen oder erfundenen
Aromas, das für jedermann zur unwiderstehlichen Versuchung wird.
Gestoßen waren die Wissenschaftler des Lebensmittelkonzerns auf die Geschmacksnote durch
einen rund 1500 alten Ast eines Ölbaums. Der leider zu stark verrottet war, um den
Grundstoff daraus extrahieren und entschlüsseln zu können. Einer der abgestürzten
Agenten war Bernhard Lieblig, der den Absturz jedoch allem Anschein nach überlebt hat,
nun aber unauffindbar ist. Ihm auf die Fersen heftet sich in einem der weiteren
Handlungsstränge sein Sohn August.
Eingeschoben kommt aber auch ein mysteriöser Orden aus dem frühen Mittelalter ins Spiel,
der unter dem Namen Bewahrer des Wohlklangs angeblich noch heute existiert.
Für diesen Geheimbund, der seinen Sitz im syrischen Aleppo haben soll, sind die weisen
Erfindungen des einstigen Ordensgründers heilig und damit auch jener süchtig machende
Geschmacksstoff.
Die Recherchen sowohl Calandas wie auch August Liebligs führen entlang der großen
Städte des nordafrikanischen Küstenstreifens bis nach Syrien, immer den Spuren Bernhard
Liebligs nach. Und die Suche wird für jeden der Handelnden lebensgefährlich, wobei offen
bleibt, ob es die Bewahrer oder andere Kräfte sind, die zu mörderischen
Verfolgern werden. Florian Harms bringt seine Kennerschaft des Orients facettenreich ein,
wenngleich die ein oder andere Abschweifung gern knapper hätte ausfallen dürfen.
Insgesamt fesselt dieser recht eigenwillige Wirtschafts- und Kriminalroman bis zuletzt,
wenngleich die Zufälle zuweilen etwas überhand nehmen. Fazit: trotz einiger Schwächen
ein unterhaltsames Lesevergnügen mit nicht alltäglichen Schauplätzen.
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