JOHN GRISHAM: „DAS BEKENNTNIS“


Oktober 1946, Clanton im Ford County, Mississippi: der wohlhabende Farmer und Kriegsveteran Pete Banning begeht ein unfassbares Verbrechen. Das allseits beliebte Oberhaupt einer alteingesessenen Familie und aktives Mitglied der Kirche geht eines Morgens zum Pfarrhaus und erschießt den gleichfalls sehr beliebten Pastor Dexter Bell.
Mit diesem Paukenschlag beginnt John Grishams neuer Roman „Das Bekenntnis“. Zum Schock für seine Kindern, seine Schwester, aber auch den Sheriff und so ziemlich jeden in der Stadt kommt die beharrliche Weigerung Bannings zu jeglicher Stellungnahme. Er bleibt auch beim Gerichtsprozess beim unbeugsamen „Ich habe nichts zu sagen“ und nimmt das zwingend folgende Todesurteil kommentarlos hin.
Nur zwei fast beiläufig eingeflochtene Hinweise lassen ein wenig aufmerken. In Dexters letzten Worten erwähnt dieser Liza, Bannings Ehefrau. Und die hat dieser einige Zeit zuvor in eine recht weit entfernte Klinik für psychisch Kranke einweisen lassen. Dies Alles stellt jedoch lediglich Teil Eins des großen Romans dar, der in der detaillierten und teils schwer erträglichen Schilderung der Hinrichtung Bannings auf dem Elektrischen Stuhl gipfelt.
Dann aber wechselt der gerade für seine Gerichtsthriller gerühmte Bestsellerautor in die Vorzeit des Verbrechens. Man erfährt, wie sich Pete und Liza in sehr jungen Jahren heftig ineinander verliebten und auch als Eheleute ein intensives Liebesleben führten. Weit überwiegend aber wird dieser Mittelteil zum Kriegsroman, in dem der Kavallerieleutnant der Reserve auf den Philippinen ungewollt zum Kriegshelden wird.
Banning gehört zu den zehntausenden Soldaten, die Anfang 1942 auf dem sogenannten Todesmarsch von Mataan Unvorstellbares als Gefangene der barbarisch wütenden Japaner durchleiden mussten. So historisch echt diese Ereignisse waren, so authentisch und oft kaum erträglich realistsich beschreibt sie Grisham. Und während Liza und die beiden Kinder daheim 1943 vom mutmaßlichen Tod Bannings unterrichtet werden, kämpft dieser mit den Guerilla-Truppen auf den Philippinen.
Hat man inzwischen vor allem Familienvater Banning kennengelernt – und die Sympathien gehören trotz der Mordtat längst ihm – geht der Roman im dritten Teil endgültig zum Gerichtsthriller über. Nun tritt die Witwe Dexter Bells auf, die die eine Genugtuung voll ausschöpfen will: dass hier von einem Mörder mit beträchtlichem Vermögen allerhand zu holen ist.
Doch auch die erwachsenen Kinder Joel und stella Banning können sich nicht einfach mit den Gegebenheiten und dem Rätsel über Vaters Motiv abfinden. Wie weit dürfen sie weiterhin an die Idylle der Liebe ihrer Eltern glauben und welche Rolle kam dem Pastor dabei zu, dass er regelrecht hingerichtet wurde? Bei all dem sind die Verhältnisse der Zeit hier in Mississippi von nicht zu unterschätzender Bedeutung und wenn Nicht-Weiße auch nur als Statisten mitwirken, so spielt der im US-Süden tief verwurzelte Rassismus doch eine unterschwellige wichtige Rolle.
Der Originaltitel heißt „Die Vermutung“ und er trifft den roten Faden dieses spannend aber zuweilen auch episch breit erzählten Gesellschaftsromans deutlicher als der deutsche Titel. Auf jeden Fall bleibt für Pete Bannings Kinder die bittere Erkenntnis, dass Nichtwissen manchmal der Wahrheit vorzuziehen ist.

# John Grisham: Das Bekenntnis (aus dem Amerikanischen von Kristina Dorn-Ruhl, Bea Reiter und Imke Walsh-Araya); 591 Seiten; Heyne Verlag, München; € 24

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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