CHRIS PRIESTLEY: MODERMOOR
CASTLE Bd. 1
Schon wenn man die kleinen Steckbriefe der Protagonisten von Modermoor Castle auf den
ersten Seiten sieht, muss man unwillkürlich grinsen, und das verstärkt sich noch, wenn
man dann in diese herrlich britisch-bescheuerte Internatsgeschichte einsteigt.
Chris Priestley gilt längst als Kultautor für Schauergeschichten für ganz junge Leser,
hier aber hat er sich selbst übertroffen. Modermoor Castle Die Jagd nach dem
verschwundenen Löffel ist die Auftaktgeschichte für eine ganze Serie um dieses
Internat im nordenglischen Cumberland. In einem unerfreulichen Landstrich als bizarre Burg
aufragend, ist dies eine Schule für die nicht besonders hellen Kinder aus nicht
besonders reichem Hause.
Doch es sei gleich vorweg gesagt: die Zwölfjährigen, die hier im Mittelpunkt des
Geschehens stehen, sind gleichwohl allemal gewitzter als ihre Lehrer, die allesamt einem
schrulligen Panoptikum entstiegen zu sein scheinen. Bis eventuell auf Miss Livia, die
allerdings ohnehin im Wortsinne aus einer anderen Zeit kommt und zugleich bei sämtlichen
Kollegen für Glupschaugen sorgt. Außer wohl bei Pastor Brimstone, einer Type wie aus
einem alten Gruselfilm.
Die Schüler sind zwar weniger bekloppt, haben aber ebenfalls ihre Macken. Allen voran die
Freunde Arthur Mufford und Algemon Spongely-Partwork, very British und deshalb sprechen
sie einander wie alle Schüler hier nur mit den Nachnamen an. Und im Nu stecken nicht nur
Mufford und Sponge mitten in einem skurrilen Abenteuer, bei dem detektivische Fähigkeit
verlangt werden. Zu viel Denken ist zwar eine Qual für so ziemlich jeden Bewohner von
Modermoor Castle, aber es geht schließlich um den einzigen kleinen (und wirklich nicht
sehr bedeutenden) Schatz der Schule, einen Silberlöffel.
Damit jagt umgehend eine Verrücktheit die nächste und eine Zeitmaschine spielt dabei
eine ominöse Rolle. Da gibt es dann Ausflüge zum Beispiel bis in alte Rom, wo
Lateinlehrerin Livia eigentlich zuhause ist. Oder in ein Wikingerdorf, wo gar ein Werwolf
sein Unwesen treibt. Das Alles strotzt vor Wortwitz und Situationskomik und wird zudem
begleitet von Priestley herrlichen Illustrationen. Zu viel Witz und Spannung kommt auch
noch ein bisschen wohliges Gruseln.
Natürlich hat auch das Happyend, bei dem der mickrige Löffel wieder da und der besonders
klotzköpfige Sportlehrer in graue Vorzeiten verschwunden ist, einen köstlich
trockenhumorigen und emotionslosen Abgang. Fazit: ein irrwitziger Lesespaß nicht nur für
junge Leser ab etwa 12 Jahre. Und dazu die gute Nachricht, dass das nächste Abenteuer
dieser Internatssatire nicht lange auf sich warten lassen wird.
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