CRAIG RUSSELL: „WO DER TEUFEL RUHT“


Der junge Psychologe Dr. Viktor Kosarek ist auf dem Weg zu einer neuen Anstellung, als er auf dem Prager Hauptbahnhof als Zeuge eines Mordversuchs den durchgedrehten Täter von seinem Vorhaben abbringen kann. Die Stimmung in der Stadt ist ohnehin angespannt, denn ein Serienmörder treibt sein Unwesen.
Damit beginnt Craig Russells neuer Psychothriller „Wo der Teufel ruht“ und der schottische Erfolgsautor entwickelt die gesamte Szenerie im Jahr 1935. In der jungen Republik knistern die Spannungen zwischen den tschechoslowakischen Bürgern und den Millionen Sudentendeutschen, denn so mancher hat eine ungute Ahnung wegen der Entwicklung im Deutschen Reich, allen voran der jüdische Teiul der Bevölkerung.
Um so empfindlicher reagiert die Öffentlichkeit, als die „Lederschürze“, der unheimliche Frauenmörder, erneut zuschlägt. Bestialischer kann man sich eine Mordtat kaum vorstellen, denn der Täter hat die betuchte Frau regelrecht geschlachtet und ausgeweidet. Polizei-Kapitän Smolak erinnert das sofort an die Taten des berüchtigten Jack the Ripper 50 Jahre zuvor. Doch es gibt einen mutmaßlichen Zeugen oder gar Mittäter, dieser Kleinkriminelle behauptet allerdings ziemlich überzeugend, ihm sei am Tatort der leibhaftige Teufel als wahrer Täter begegnet.
Während in Prag das Morden weitergeht, wird es gegenüber der Arbeit Kosareks zur Rahmenhandlung, denn der Experte der noch jungen wissenschaftlichen Disziplin tritt eine Stelle an, die es wahrlich in sich hat. In der von alten Gerüchten umwobenen ehemaligen Burg Hrad Orlu hat man eine Irrenanstalt eingerichtet, die nur wenige Patienten hat. Aber – es sind die „Satanischen Sechs“, allesamt zynisch-Sadistische Schwerstkriminelle, die gefährlichsten des Landes, sieht man von der noch unerkannt mordenden „Lederschürze“ ab.
Mit diesen Psychopathen will der einst selbst von einem traumatischen Kindheitserlebnis heimgesuchte Psychologe mit neuen Methoden arbeiten. Sein Credo ist dabei der Teufels-Aspekt, das Böse, das unweigerlich in jedem Menschen verborgen sei. Nun lernt er die hermetisch abgeriegelten menschlichen Monster kennen: die Vegetarierin, den Holzschnitzer, den Clown, den Totenbeschwörer, den Glassammler und als Krönung den Dämon. Dessen Form des Wahnsinns ist die bösartigste und ansteckendste.
In der beklemmenden düsteren Atmosphäre, die den gesamten Roman durchzieht, gibt es nur einen Lichtblick, die schöne jüdische Assistentin Judita Blochova, in die sich Kosarek sofort unsterblich verliebt. Doch für gute oder gar Liebesgefühle ist in diesem ebenso mysteriösen wie dramatischen Geschichte kein Raum und der Spannungsbogen macht immer wieder geradezu atemlos.
Und nicht umsonst hat es bereits im Prolog geheißen: „... erfassen sie, dass der Teufel nur Gott in seinem Nachtgewand ist.“ Die verschiedenen Handlungsstränge laufen schließlich unaufhaltsam aufeinander zu und treffen sich zu einem grandios überraschenden packenden Finale. Das Alles strotzt wahrlich vor Wahnsinn auf hohem Niveau, ist jedoch nur für wirklich hartgesottene Freunde heftiger Psychothriller zu empfehlen.

# Craig Russell: Wo der Teufel ruht (aus dem Englischen von Wolfgang Thon); 543 Seiten, Klappenbroschur; Rütten & Loening Verlag, Berlin; 16,99

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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