TINA TURNER: „MY LOVE STORY“


Tina Turner ist einer der größten Stars der Rock-Geschichte mit Millionen Fans weltweit . Ihre Karriere war gepflastert mit Riesenhits und allen erdenklichen Auszeichnungen.
Nun hat die inzwischen 78-Jährige mit „My Love Story. Die Autobiografie“ ihre Memoiren geschrieben und trotz endloser Berichterstattungen über ihr Leben gibt es erstaunlich viel Neues und einige echte Überraschungen zu entdecken. Und dieser sehr offene Rückblick offenbart ein Leben, das noch weit romanhafter und bewegender als der große Spielfilm „Tina – What's Love got to do with it“ von 1993 andeutete.
Die erste Hälfte des Buches erzählt allerdings ganz das Gegenteil des Titels, denn was die junge Anna Mae Bullock mit ihrem Entdecker und zeitweiligem Ehemann Ike Turner durchlitt, war eine Hölle von physischer und psychischer Gewalt voller Demütigungen und sexuellem Missbrauch. Hier nun geht der Star weit über das bisher Bekannte hinaus bis hin zur größten aller Demütigungen: ihrer Eheschließung mit Ike.
Der obsessive Egomane fuhr mit ihr ins mexikanische Tijuana zu einer Schnelltrauung und krönte seine Widerwärtigkeiten damit, dass er die frisch Angetraute zur Feier des Tages in ein primitives Bordell führte, um sich eine Porno-Show anzuschauen. Verbrennen mit heißem Kaffee, Schläge mit Gegenständen bis hin zum Kieferbruch führten schließlich zu einem Selbstmordversuch.
Man atmet befreit auf, wenn endlich die Passagen erreicht sind, als die von Ike zur Marke Tina Turner gemachte Sängerin mit der einzigartigen Rockröhre den Absprung geschafft hat. Aus ihrer neuen Karriere mit dem kometenhaften Aufstieg, Super-Konzerten und dem Zusammenwirken mit den namhaftesten Kollegen erfährt man auch das ein oder andere kleine Geheimnis.
So war die hitzig-erotische Tanzeinlage mit dem dauergeilen Mick Jagger auf offener Bühne tatsächlich nur Show und die Beiden beste Freunde. Wie auch David Bowie: es gab nie eine Affäre mit ihm aber große Bewunderung für den wahren Gentleman, der im Übrigen wie sie Buddhist war. Und dann führt die Karriere bei der Kölner Dependance ihrer Plattenfirma zu dem Mann, der den Titel des Buches absolut rechtfertigt: Erwin Bach.
Der deutsche Musikmanager wurde die große Liebe ihres Lebens. Wie die Beiden ein Paar wurden und sie trotzdem den Heiratsantrag des 17 Jahre Jüngeren abwies, liest sich romantisch und doch kein bisschen kitschig. Tina Turner lässt offen anklingen, wie tief dieses lang ersehnte Liebesglück sie beseelte.
Doch das Schicksal traf sie erneut mit gemeinen Tiefschlägen, von denen bisher so gut wie nichts an die Öffentlichkeit gedrungen war. Als die mittlerweile 73-Jährige den zweiten Heiratsantrag ihres Liebsten angenommen hatte, erlitt sie nur drei Monate später einen Schlaganfall. Und selbst damit war das Maß für diese starke Frau, die niemals aufgab, noch nicht voll.
Nach schweren Nierenproblemen und einer zwischenzeitlich erforderlichen Darmkrebsoperation wurde der Zustand ihrer Nieren schließlich sogar lebensbedrohlich. Und die Frau, die einst so viel unglaublich Schlimmes mitmachen musste, erlebte einen Liebesbeweis, wie er größer nicht denkbar ist: Erwin Bach spendete ihr eine eigene Niere. Um so unbarmherziger schlug das Schicksal dann kurz vor Abschluss ihrer Autobiografie noch einmal zu, als sich ihr ältester Sohn das Leben nahm.
Fazit: dies ist die fesselnde Lebensgeschichte einer überaus sympathischen und wohltuend natürlich erzählenden großen Frau, wie sie kein Schriftsteller spannender und bewegender hätte erfinden können.

# Tina Turner: My Love Story. Die Autobiografie (aus dem Amerikanischen von Barbara Steckhan und Naemi Schumacher); 319 Seiten, div. Abb.; Penguin Verlag, München; € 28

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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