R. G. GRANT: WÄCHTER DER
SEE
Leuchttürme erscheinen in der Gegenwart als liebgewordene Relikte aus früheren Zeiten,
als die Seefahrt noch kein Radar und GPS kannte und unzählige Schiffe an Riffs und Felsen
zerbarsten oder strandeten.
Wenn sich nun R. G. Grant diesen sehr speziellen Bauwerken mit seinem Kompendium
Wächter der See widmet, ist der Untertitel Die Geschichte der
Leuchttürme ein wenig irreführend. Gerade sie umfasst nur ein Kapitel, vielmehr
ist der britische Historiker als Spezialist für technische und militärische Aspekte
seiner wissenschaftlichen Bücher bekannt.
Hier nun geht Grant auf die Konstruktionen, die technischen Entwicklungen sowie die
Bauweisen an sehr unterschiedlichen Standorten ein. So stellt er mit Eddystone Lighthouse
an der Küste Cornwalls einen der markantesten Vorreiter jener Leuchttürme vor, die für
die stetig wachsende Frachtsegelei oft genug überlebenswichtig waren.
Wie dieses zerbrechliche Bauwerk unter größten Strapazen ab 1696 auf einem kaum
zugänglichen sturmumtosten Felsen errichtet wurde und wie nach seiner Zerstörung durch
die Naturgewalten andere Konstruktionen zum Tragen kamen, das wird anschaulich und
detailliert anhand alter Baupläne und technischer Zeichnungen dargestellt. Rund 50
verschiedene Leuchttürme werden so untersucht. Hinzu kommen all die technischen und
optischen Fortschritte von ersten Talgkerzen als Leuchtmittel über katotropische
Lichtsysteme bis hin zu den leuchtstarken Fresnel-Linsen des 19. und 20. Jahrhunderts.
Grant beschreibt zwar auch den Pharos von Alexandria, das 140 Meter hohe Bauwerk,
errichtet um 280 v.Chr., das zu den sieben Weltwundern zählte und vermutlich der erste
wirkliche Leuchtturm war - der immerhin fast 1500 Jahre standhielt. Die Hochzeit des
weltweiten Leuchtturmbaus aber setzte mit der weltumspannenden Frachtschifffahrt im 19.
Jahrhundert ein. Markante Beispiele finden sich hier und mit dem Roten Sand
(eingeweiht 1885) in der Wesermündung ist auch ein legendäres deutsches Monument dabei.
Wie all die anderen Leuchttürme aber ist hier nicht Postkartenidylle aufgeführt, denn
die rund 300 Abbildungen zeigen außer etlichen Schwarzweiß-Fotos weit überwiegend
ganzseitige Zeichnungen und Skizzen technischer und architektonischer Natur auf grau,
schwarz oder rötlich grundiertem Papier. Auch Romantik findet in den Ausführungen keinen
Platz, wenn der Autor in seinen sehr lebendigen Texten zum Beispiel die einsame, karge und
zuweilen auch lebensgefährliche Arbeit der Leuchtturmwärter schildert.
Fazit: ein exzellent aufgemachtes Werk zum Thema, das aber in erster Linie an Technik
interessierte Freunde der Seefahrt begeistern wird.
|