BRIAN SOUTHALL: „THE WHITE ALBUM“


1967 war das Jahr von „Sgt. Pepper's lonely Hearts Club Band“, mit dem die Beatles endgültig die Rock- und Popgeschichte revolutionierten. Flower Power, Hippie-Seligkeit und Aufbruchstimmung der Jugend schufen aber auch die Voraussetzungen für das, was noch heute als 68er-Ära kontrovers diskutiert wird.
Wie für 1967 hat Brian Southall nun auch für das Jahr 1968 auf der Grundlage eines großen Beatles-Albums beides gemacht: eine detaillierte Schilderung dessen, wie das Album entstand, die Songs geschrieben wurden und was sich im Studio tat. Während das einschließlich einer Beschreibung sämtlicher Songs – mit der ein oder anderen Überraschung – die A-Seite bildet, widmet sich der zweite Teil des reich bebilderten Buches als „B-Seite“ maßgeblichen Ereignissen des Weltgeschehens.
„The WHITE ALBUM – Revolution, Politics & Recording: The Beatles and the World in 1968“ lautet der vollständige Titel dieser englischen Originalfassung. Dem schillernd bunten Jahr 1967 folgte eines, das weniger leicht und lustig war, dafür voller Bewegung, Aufruhr und Umsturz und mit prägenden Vorgängen für die Zukunft. Auch für die Beatles geriet vieles in Bewegung und rein musikalisch – was sollte dem grandiosen Meisterwerk um Sgt. Pepper folgen?!
Mit Sicherheit keine Neuauflage eines Konzeptalbums. Ganz abgesehen davon, dass sich nach dem Tod ihres so ungeheuer bedeutsamen Managers Brian Epstein erste leichte Disharmonien einschlichen. Rein musikalisch half eine gemeinsame Zeit in Indien, wo an die 40 neue Songs entstanden, von denen fast 30 auf dem kommenden Album landeten.
Und das war zur großen Verblüffung vieler erstmals ein Doppelalbum. Das statt eines Konzepts ein buntes Kaleidoskop umfasste mit vielen Stilrichtungen und die Vier tobten sich musikalisch eher einzeln aus. Der gravierende Unterschied zur kongenialen Zusammenarbeit bei „Sgt Pepper“ jedoch wurde von Johns neuer Partnerin Yoko Ono geprägt.
John brachte sie ständig mit ins Studio und nicht nur das störte die Harmonie des Quartetts – sie kommentierte sogar die Arbeit. Autor Southall, der als damaliger Pressedirektor bei der EMI unmittelbarer Zeitzeuge war, belegt mit etlichen Aussagen Beteiligter, dass Yokos Gegenwart zunehmend die Atmosphäre vergiftete und erste Trennungsgedanken auslöste.
Was nichts daran änderte, dass auch „The Beatles“, wie der ursprüngliche Titel des „White Album“ lautete, erneut ein Meisterwerk wurde. Das allerdings in seiner schillernden Vielfalt nicht nur die Spannungen innerhalb der Band sondern auch die Unruhe des Jahres 1968 in den Texten widerspiegelte, wie die Ausführungen zu sämtlichen Songs darlegen.
Immerhin war dies das Jahr mit den schweren Studentenunruhen in Paris und anderswo, mit den Morden an Martin Luther King und Robert Kennedy, den weltweiten Protesten gegen den Vietnam-Krieg wie auch des Prager Frühlings und seiner gewaltsamen Niederschlagung im August. Und dieses Jahr wird auf immer in den Geschichtsbüchern als titelgebend für die 68er-Zeit bleiben. Dieses Buch ist auch deshalb nicht nur für die, die dabei waren, ein großartiges und aufschlussreiches Erinnerungsbuch, 50 Jahre nach „White Album“ und so vielen aufwühlenden Ereignissen.

# Brian Southall: The WHITE ALBUM – Revolution, Politics & Recording: The Beatles and the World in 1968; 192 Seiten, über 150 Abb., Mittelformat; Edition Olms, Zürich; € 25

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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