MARCIA BARRETT: „IMMER WEITER“


Als der Musikproduzent Frank Farian Anfang 1975 den Disco-Song „Baby do you wanna bump“ veröffentlichte, hatte er alle Stimmen selbst eingesungen und als Interpret den Kunstnamen „Boney M.“ angegeben. Als das Stück zum Hit wurde, brauchte er für die nun fälligen öffentlichen Auftritte ein vorzeigbares Ensemble.
Nach viel Fluktuation formierte sich erst im Februar 1976 das Quartett, das zu einer der erfolgreichsten Gruppen der späten 70er Jahre werden sollte. Während Zappelphilipp Bobby Farrell und die schöne Mazie Williams nur tanzen und gut aussehen konnten – und mehr wurde von ihnen nicht erwartet – war Liz Mitchell eine veritable Sängerin. Und dann stieß als eigentliche Powerfrau noch Marcia Barrett hinzu.
Wie die anderen drei auf Jamaica geboren und mit 27 Jharen bereits eine erwachsene Frau. Neben all den technischen und stimmlichen Spielereien Farians war sie neben Liz Mitchell nun im Studio und auf der Bühne der Welt bis hin zur Sowjetunion – als erste westliche Popband überhaupt – die „echte“ Stimme solcher Riesenhits wie „Daddy Cool“ oder dem absoluten Welthit „Rivers of Babylon“.
Doch Marcia Barretts Leben ist mehr als die 15 Jahre als Star bei Boney M. und davon erzählt sie nun in ihrer Autobiografie „Immer weiter – Mein Leben mit und ohne Boney M.“ Angesichts ihres 70. Geburtstags im Oktober hat sie wahrlich eine bewegte Vita, auf die sie zurückschaut. Ebenso subjektiv wie ungekünstelt berichtet sie dabei zunächst von den etwas seltsamen Anfängen ihrer Star-Karriere, als dem gerissenen Farian an großen Gesangskünsten gar nicht viel gelegen war.
Doch sie geht auch auf ihre Jugend ein, in der sie eines besseren Lebens wegen mit ihrer Mutter nach London übersiedelte und schon als Teenager Mutter wurde. 1968 wechselte sie nach Deutschland, wo sie als Disco-Tänzerin arbeitete und 1976 auf die Anzeige stieß, mit der Aushängeschilder für öffentliche Auftritte mit den Boney M.-Songs gesucht wurden.
Den Rausch der Berühmtheit beschreibt Barrett ebenso wie die dunkleren Seiten des Ruhms. Wobei sie kein Hehl aus jenen Vorwürfen macht, die auch schon anderweitig erhoben wurden: dass Farian seine Interpreten nicht sonderlich würdigte und wohl auch nicht angemessen an den riesigen kommerziellen erfolgen beteiligte.
Marcia Barrett ließ sich jedoch nie unterkriegen, weder als sie nach der Band-Auflösung 1986 auf sich selbst gestellt als Solistin weitermachte, noch als das Schicksal anderweitig mit aller Härte zuschlug. Mit sehr persönlichen Worten schildert sie da, wie sie zwischen 1994 und 2007 fünf verschiedene Krebserkrankungen besiegte. Und dieser eiserne Wille prägte auch den Titel des interessanten Einblicks in eine bewegte Künstlerkarriere: „Immer weiter!“ Denn ungebeugt ist sie bis heute und noch immer im Geschäft.

# Marcia Barrett (mit Lloyd Bradley): Immer weiter – Mein Leben mit und ohne Boney M. (aus dem Englischen von Paul Fleischmann); 298 Seiten, div. SW-Abb., Broschur; Edition Koch, Höfen; € 25

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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