JONAS JONASSON: DER
HUNDERTJÄHRIGE, DER ZURÜCKKAM, UM DIE WELT ZU RETTEN
Allan Karlsson war 2011 Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und
verschwand. Ein hinreißendes Stück Literatur, das zu Recht ein Welterfolg wurde.
Sein schwedischer Autor Jonas Jonasson hatte allerdings nie vor, eine Fortsetzung dazu zu
schreiben.
Und wurde dann doch schwach angesichts des Zustandes der Welt, der dringend einen
anarchischen Kauz wie Karlsson erforderlich erscheinen ließ. So entstand Der
Hundertjährige, der zurückkam, um die Welt zu retten. Der Roman schließt direkt
an den Vorgänger an, Karlsson und sein auch schon älterer Freund Julius Jonsson
genießen immer noch das Luxusleben auf Bali.
Das jedoch allmählich langweilig wird, obwohl Karlsson inzwischen der Sucht nach
ständiger Nachrichtenberieselung anheim gefallen ist, nachdem er durch Harry Belafonte
die moderne Erfindung des Tablets kennengelernt hat. Belafonte war übrigens zum
Geburtstagsständchen da, denn Karlsson feierte jetzt seinen 101., weshalb er fortan auch
konsequent als der Hunderteinjährige bezeichnet wird.
Freund Julius hatte derweil als gelernter Gelegenheitsdieb zum Zeitvertreib einige krumme
Dinger gedreht. Inzwischen zog er ein lukratives Geschäftsmodell mit schwedischem Spargel
auf, angebaut hier auf Bali. Wofür er kurzerhand einen flüchtigen Inder als
Geschäftsführer einsetzte und ihn der Einfachheit halber zu Gustav Svensson
umtaufte.
Eher als Karlsson aber ist Julius auch klar, dass der Verbleib auf Bali nicht weiter zu
empfehlen ist, denn der einst aus Schweden entführte Geldkoffer zeigt gähnende Leere und
der Hoteldirektor wird nervös. Da kommt eine Heißluftballonfahrt zum Geburtstag sehr
gelegen, auch wenn die aufs offene Meer und irgendwann zur Notwasserung führt.
Sein unerschütterlicher Optimismus gibt Karlsson jedoch bald recht: sie werden von einem
Containerschiff aufgefischt. Womit nun eine irrwitzige Odyssee über vier Kontinente
einsetzt, die erst einmal richtig heikel beginnt. Das Schiff nämlich ist ein
nordkoreanisches und transportiert unter anderem heimlich 4 Kilogramm angereichertes Uran.
Und Karlsson empfiehlt sich mit so viel Chuzpe als Schweizer Atomexperte, dass er und
Julius prompt bei Kim Jung-un landen. Dem imponiert er mit dem von ihm aus dem
Augenblick heraus erfundenen - Heißisostatpressing 1200 für einen massiv
verstärkten nuklearen Wirkungsgrad.
Schier unglaubliche Volten schlägt die Geschichte von hier ab, denn während Karlsson als
großer Vereinfacher die Dinge mit jener Logik des Kindes auf den Punkt bringt, das des
Kaisers neue Kleider entlarvt, erzeugt sein Einsatz im Atomwaffenlabor Szenen von
himmelschreiender Situationskomik. Am Ende flüchten er und Julius inzwischen mit
schwedischen Diplomatenpässen ausgestattet tatsächlich mit Kims angereichertem
Uran in die USA. Und wissen von noch weitergehenden Plänen des Obersten
Führers.
Natürlich treffen sie auf Donald Trump und wie schon dem übelnehmerischen Kim gibt
Karlsson auch dem rüpeligen US-Präsidenten ungebetene Ratschläge wie diesen: Wenn
Sie aufhören würden, immer alles zweimal zu sagen, würden Sie sofort nur noch halb so
viel lügen. Derweil bringen die Freunde das Uran in Sicherheit, wobei nicht zum
letzten Mal die deutsche Bundeskanzlerin mit ins Spiel kommt.
Wieder daheim, stolpern die beiden alten Herren auf schräge Weise in die Partnerschaft
mit der abgebrannten Bestattungsunternehmerin Sabine. Mit bekloppten Ideen bringen sie die
Sargfirma zwar wieder in Schwung, infolge einer unglücklichen Sargverwechslung aber
werden sie zu Gejagten eines durchgeknallten Neonazis.
Wobei dann im Hintergrund die Versuche von Wahlbeeinflussung nicht die einzige Beziehung
des Geschehens zu einem gewissen Herrn Putin sind. Der hat auch die Hände im Spiel bei
der nächsten und diesmal richtig großen Uranlieferung für Kim Jong-un, bei der nun dem
Hunderteinjährigen und seinem Freund erneut eine weltrettende Rolle zukommt. Und das
Alles liest sich noch verrückter, als es sich hier anhört, denn geschrieben ist es mit
ebenso trockener wie süffisanter Respektlosigkeit.
Ob dieser Folgeroman mit dem Welterfolg mithalten kann? Allemal, zumal das Geschehen
diesmal durchgehend ganz zeitnah in der realen Gegenwart abläuft. Ein intelligentes
Stück Literatur und zugleich ein spannendes Vergnügen von der Art, als spielten hier
Stan Laurel und Oliver Hardy in einer Politsatire von Feinsten.
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