TOMI ADEYEMI: „CHILDREN OF BLOOD AND BONE“


Lange hatte es nicht mehr solch eine Hype um ein Jugendbuch gegeben wie um Tomi Adeyemis Fantasy-Roman „Children of Blood and Bone“, der in der jetzt vorliegenden deutschen Fassung den Zusatz „Goldener Zorn“ im Titel trägt. Die Besonderheiten, die dem Buch zu einem solch rauschhaften Start verholfen haben, liegen in erster Linie wohl darin, dass die junge US-Autorin nigerianische Wurzeln hat, die Geschichte in dem westafrikanischen Fantasiereich Orisha spielt und hier die Guten wie die Bösen allesamt schwarz sind.
Orisha wurde einst von den Maji, mächtigen Magiern bevölkert, die die Elemente bis hin zu Leben und Tod beherrschten. Die Götter versahen sie als besonderes Zeichen mit schneeweißem Haar und sie wurden allgemein verehrt. Bis dem machtgierigen König Saran diese Konkurrenten zuwider waren und er alle Maji des Landes in einer Blutnacht abschlachten ließ. Ihre Kinder wachsen nun ohne Zauberkraft und quasi wie Sklaven auf.
Eine von ihnen ist Zélie Adebola, die mit ihrem Vater und ihrem Bruder Tzain in ärmlichen Verhältnissen lebt. In ihr wühlt der Gedanke an Rache, denn sie musste mit ansehen, wie ihre Mutter als Maji auf elendige Weise hingerichtet wurde. Als Diviné, Abkomme einer Maji, trägt sie die äußeren Merkmale der einst Verehrten, doch von eigenen magischen Kräften weiß sie nichts.
Bis sie auf die abtrünnige Prinzessin Amari trifft, die sich angewidert von den Verbrechen ihres Vaters, König Saran, von diesem abgewandt hat. Vor allem aber hat sie bei ihrer Flucht eine machtvolle Schriftrolle von ungeahnter Bedeutung mitgehen lassen: sie könnte in den Händen einer begabten Maji nicht nur deren magische Kräfte sondern auch die anderer damit Geborener zu neuem Leben erwecken.
Und so begeben sich Zélie, ihr Bruder und Amari auf die Suche nach der Wahrheit über die von den Göttern verliehenen besonderen Gabe. Nicht weniger als die Wiedergeburt der einstigen Magie wollen sie erkämpfen – kein Wunder, dass Saran die Drei und auch weitere, in denen die alten Gaben nur auf das Erwecken warten, gnadenlos jagt.
An vorderster Front der Schergen steht dabei Kronprinz Inan, der hier neben Zélie und Amari als einer von drei Ich-Erzählern fungiert und eine spannende Wandlung durchläuft. Leider bleibt die besondere Szenerie des afrikanischen Schauplatzes ohne viele bildhafte Darstellungen weit hinter den sich anbietenden Möglichkeiten zurück. Das und die nur durchschnittlich originelle Konstruktion dieses voluminösen Auftaktromans zu einer ganzen Trilogie sind jedoch eher marginale Minuspunkte.
Was dagegen aus der trotz der genannten Mängel vielversprechenden Geschichte ein grobes Ärgernis macht, ist die reichlich dick aufgetragene Blutorgie über hunderte von Seiten. Da durchbohrt der königliche Vater mal gerade die Brust seiner Tochter mit dem Schwert, weil sie nicht folgsam war, da werden Soldaten aufgespießt wie Fleischbrocken und meist wird nicht einfach nur getötet – es wird gefoltert, gemeuchelt und barbarisch gemetzelt, so dass endlose Blutströme fließen.
Durchsetzt ist so ziemlich jedes Kapitel von Hass, Gemeinheit, Rachsucht, Unterdrückung und Quälereien und schon die unablässige Wiederholung macht es widerwärtig. Da wird ein Satz wie „Die Klinge schlitzte Salins kleinen Körper auf“ zur Petitesse, wenn andererseits Sarans Armee gleich eine ganze Menschenmenge abschlachten lässt. Mit den ständigen Wiederholungen – übrigens auch sprachlichen – wird es nicht nur abstoßend, es schleichen sich auch Logikfehler ein.
Zu all den Übertreibungen dieser in Blut watenden Prosa kommt erschwerend der nervtötende Narzissmus der Autorin hinzu, wo es bis zum Überdruss immer wieder „ich, ich, ich“ heißt. Die Selbstverliebtheit Tomi Adeyemis manifestiert sich im Übrigen spätestens in einer angehängten Danksagung von unglaublichen sieben Seiten.
Bleibt die Frage, wem man dieses blutrünstige Machwerk empfehlen kann. Jugendlichen jedenfalls auf gar keinen Fall, denn diese geradezu genießerische Gewaltverherrlichung dürfte schon an die Straftatbestände einer jugendgefährdenden Schrift heranreichen.

# Tomi Adeyemi: Children of Blood and Bone – Goldener Zorn (aus dem Amerikanischen von Andrea Fischer); 616 Seiten; Fischer FJB, Frankfurt; € 18,99

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)


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