BILL CLINTON/JAMES PATTERSON:
„THE PRESIDENT IS MISSING“
Bei diesem Politthriller schießen die Erwartungen schon in die Höhe, wenn man nur die
Namen der Autoren hört, die „The President is missing“ gemeinsam verfasst
haben: Bill Clinton und James Patterson. Der Ex-Präsident hat bereits erfolgreiche
Sachbücher geschrieben und Patterson gilt mit vermutlich mehr als 300 Millionen
verkauften Büchern als einer der erfolgreichsten Schriftsteller aller Zeiten.
Der ausgewiesene White-House-Insider und der Thriller-König und – es funktioniert!
Im Mittelpunkt steht der 50-jährige Präsident Jonathan Lincoln Duncan, einst Kriegsheld,
inzwischen verwitwet und insgeheim unter einer gefährlichen Blutkrankheit leidend. In
einem Sonderausschuss betreibt die Opposition seine Amtsenthebung wegen angeblichen
Hochverrats.
Bei einer Kommandoaktion in Algerien haben US-Soldaten einen Trupp proukrainischer
Separatisten daran gehindert, den gefährlichsten Terroristen der Welt zu liquidieren.
Weil es ein amerikanisches Todesopfer gab, sickerte der Vorfall durch. Und noch schlimmer:
der US-Präsident soll diesen Suliman Cindoruk anschließend auch noch telefonisch
kontaktiert haben.
Das Fatale ist, dass Duncan nicht reden darf, denn es besteht eine katastrophale
Bedrohungslage und höchste Geheimhaltung ist unerlässlich. Cindoruk, rechtsradikaler
türkischstämmiger Chef der „Söhne des Dschihad“, der als Cyberterrorist
bereits weltweit mit seinen Anschlägen für tausende Opfer gesorgt hat, will nicht
weniger als das „Rebooting“ der Weltordnung. Dafür soll ein genial
heimtückischer Virus das gesamte Computernetz Amerikas auslöschen: „Die USA werden
zum größten Dritte-Welt-Land der Erde.“
Doch Cindoruk wollte nicht mit Duncan verhandeln, er will den Untergang der Weltmacht. Nur
drei Tage bleiben und nur acht Personen im engsten Umfeld des Oval Office wissen von
„Dark Ages“, dem Codewort für die tickende Zeitbombe. Quasi nebenher landet
eben jetzt auch noch Bach, weltweite Nummer 1 aller Auftragskiller. Von der Insider nur
wissen, dass sie weiblich ist, eine Leidenschaft für die Musik von Bach hat und ein
Hochgeschwindigkeitsgewehr benutzt, das sie „Anna Magdalena“ nennt. Ihre
Zielperson: der US-Präsident.
Der wird überraschend von einer seltsamen jungen Frau aufgesucht, Nina aus der
Kaukasus-Republik Abchasien. Die Spitzenprogrammiererin will ihn warnen und verhandeln
– über Cindoruks Virus, den nämlich sie entwickelt hat. Zur Verifizierung soll sich
Duncan mit ihrem Partner Augie treffen, einem Hacker aus der Ost-Ukraine.
Dafür entwischt der Präsident verkleidet seinem eigenen Geheimdienst und trifft sich mit
Augie in einem vollbesetzten Baseballstadion. Während es im Weißen Haus heißt „The
President is missing“, geht außerhalb des Stadions nun endgültig eine
atemberaubende Achterbahnfahrt der Ereignisse los. Nina wird erschossen und auch Duncan
und Augie entkommen nur knapp, als Bach und ihre Teams zuschlagen.
Noch schlimmer aber – nicht nur der Countdown von „Dark Ages“ läuft
unerbittlich, es wird auch offensichtlich, dass es im kleinen Vertrautenkreis einen
Maulwurf gibt. Duncan rotiert, seine Thrombozytenwerte fallen bedrohlich, doch Aufgeben
gibt es nicht: „Solange wir nicht tot sind, sind wir noch am Leben.“ Und dann
läuft alles zu einem hochspannenden Finale auf, über das nicht mehr verraten werden
soll.
Natürlich ist dies ein sehr typischer US-Politthriller, der auch ziemlich klar zwischen
Guten und Bösen unterscheidet, doch die Kooperation von einzigartigem Insider und
Bestsellerautor funktioniert hervorragend. Man sollte trotz überraschend vieler Frauen in
Spitzenfunktionen allerdings keine erotischen Nebenhandlungen von den beiden 71-jährigen
Autoren erwarten.
Fazit: ein ganz großes Lesevergnügen für alle Freunde des Genres und die Filmrechte
sind auch schon verkauft. Und es sei die Bemerkung erlaubt: es überrascht vermutlich
niemanden, dass der amtierende Präsident in der Rolle des Jonathan Lincoln Duncan extrem
unvorstellbar wäre. Und dass Bill Clinton durchblicken lässt, wie er sich einen großen
Präsidenten vorstellt...
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