IRENE DISCHE: ZUM LÜGEN IST
ES NIE ZU SPÄT
Als die deutsch-amerikanische Erfolgsautorin Irene Dische 1989 ihren Erzählungsband
Fromme Lügen vorlegte, wurde der ein große Erfolg. Es folgten als weitere
Veröffentlichungen in der kurzen Form Die intimen Geständnisse des Oliver
Weinstock und Lieben.
Nun aber gibt es erstmals einen Sammelband mit ihren sämtlichen Erzählungen unter dem
Titel Zum Lügen ist es nie zu spät. Insgesamt bringt es das Buch auf 48
verschieden lange Geschichten, darunter zwei bisher unveröffentlichte. Wobei die
Titelstory insofern stilistisch etwas aus dem Rahmen fällt, handelt es sich doch um
Eine Zehn-Minuten-Oper.
Mit oft hintersinnigem Witz aber ebenso messerscharfem Blick seziert Irene Dische
genüsslich immer wieder mensch-allzumenschliche Schwächen. Wobei gerade die
titelgebenden Lügen in immer neuen verblüffenden Varianten reichhaltig Stoff bieten,
allen voran die Selbstbelügungen, die oft genug die Grundlage für das jeweilige
Scheitern sind. Als exzellente Beobachterin schildert sie mit schnellem, souveränem
Strich mal groteske, mal tragikomisches Versagen.
Im Mittelpunkt steht dabei sehr oft die hingebungsvoll karrikierte verrückte Familie.
Egal, ob da ein alter Gockel zu müde für außereheliche Affären geworden ist oder ein
vor den Nazis nach Amerika geflohener erzkatholischer Großvater folgenreich vom
Hitlersein geheilt wird. Disches Pointen sind zuweilen überraschend böse,
immer aber absolut treffsicher, wobei sie sich um political correctness in
wohltuender Weise herzlich wenig schert.
Fazit: eine ganze Schatzkiste endlich vereinigter Meisterwerke der kleinen Erzählform und
ein Hochgenuss sarkastischer entlarvender Geschichten.
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