BETH MOON: „LITERARISCHE HÜHNER“


„Da lachen ja die Hühner!“ Wer kennt den Ausspruch nicht. Doch wer hätte gedacht, dass das so nützliche Federvieh bei genauerem Hinsehen allerlei Züge aufweist, die zwar nicht menschenähnlich sind, aber doch so aussehen.
Aus dieser Idee heraus hat die New Yorker Fotografin Beth Moon einen ungewöhnlichen Textbildband erstellt. In dem verknüpft sie Hochkultur mit Hühnerporträts und deshalb ist er auch mit dem putzigen Titel „Literarische Hühner“ überschrieben. 50 geistreiche, witzige, skurrile, schöne und einfühlsame Porträts hat die Künstlerin eingefangen und kongenial passenden Texten gegenübergestellt.
In der Schauspielerin Isabella Rossellini fand sie die perfekte Partnerin für ihr Vorhaben, denn die hält auf ihrer Farm auf Long Island gefährdete Hühnerrassen. Dort wurde Beth Moon tätig und staunte, wie viel Geduld nötig war, um die äußerst bewegungsfreudigen Vögel abzulichten. Dann aber war sie überrascht von der verblüffenden Palette an Emotionen und Persönlichkeiten, die die Bilder zeigten.
Hühner-Enthusiastin Rossellini war allerdings über die Ergebnisse zunächst fassungslos, denn alle Fotos waren in Schwarz-Weiß. Dabei haben viele Hühnerarten doch ein wunderschönes farbenfrohes Gefieder. Doch auch sie erkannte dann all die bisher unbeachteten Aspekte, die nun in den Vordergrund traten: die elegante Gestalt, ausdrucksvolle „Gesichter“, die luftig-leichte Beschaffenheit der Federn.
Dazu diese gelungene Kombination mit literarischen Texten von Jane Austen über Hermann Hesse bis zu Oscar Wildes „Bildnis des Dorian Gray“. Da ist dem Fürsten Machiavelli der Kopf eines Huhn der Art Altenglischer Kämpfer gegenübergestellt und zeigt adäquat eine geradezu dünkelhafte Grandezza. Oder die „Pique-Dame“ von Alexander Puschkin und dazu eine Vertreterin der Rasse Sebright, gold – ja, so ähnlich könnte die abgetakelte Gräfin ausgesehen haben.
Und schließlich zu F. Scott Fitzgeralds „Diesseits vom Paradies“ ein Holländer Haubenhuhn, ganz so schräg aufgeplustert, wie man sich die Feiersüchtigen um den Großen Gatsby vorstellt. Beth Moon zeigt all die Hühner als echte Persönlichkeiten und meidet zugleich eine Vermenschlichung. Fazit: ein Buchkunstwerk für Liebhaber des Besonderen, in der Literatur und überhaupt.

# Beth Moon: Literarische Hühner; 120 Seiten, 50 SW-Abb., Großformat; Elisabeth Sandmann Verlag, München; € 29,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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