M. A. BENNETT: „BLOODY WEEKEND“


Einen packenden Psychothriller hat die britische Autorin M. A. Bennett mit ihrem ersten Jugendroman verfasst. Schon der Eröffnungssatz hat es in sich: „Ich glaube, ich bin eine Mörderin.“
Das sagt Ich-Erzählerin Greer MacDonald, doch was dahinter steckt, erfährt man erst gegen Ende eines wahrhaft monströsen Geschehens. „Bloody Weekend“ lautet der unnötig englische Titel, eine Andeutung der Personenkonstellation gibt dagegen der Untertitel „Neun Jugendliche. Drei Tage. Ein Opfer“. Am Anfang aber steht zunächst Greers Schilderung ihrer ersten Wochen auf der „St. Aidan the Great School“.
Weil ihr alleinerziehende Vater als Tierfilmer ins Ausland muss und die hochintelligenten 16-Jährige das entsprechende Stipendium ergatterte, darf sie zur STAGS, wie die schon im siebten Jahrhundert gegründete älteste Schule Englands kurz genannt wird. Und die erweist sich in mancher Hinsicht als nicht nur extrem vornehm sondern vor allem auch als antiquiertes handyloses Universum.
In dem eine wie die Neue als Außenseiterin regelrecht geschnitten wird, denn sie kommt nicht aus einer der großen altehrwürdigen Familien Englands. Allerdings hilft auch ein riesiges Vermögen wie bei Mitschülerin Nel nichts, deren Familie durch die Fabrikation modernster Handys Milliarden anhäufte. Aber sie ist eben neureich ohne Vergangenheit. Und Shafeen aus einer ebenfalls begüterten Familie geht es eher noch schlechter, denn als gebürtiger Inder wird er noch direkter ignoriert oder gemobbt.
Wirklich beherrscht wird die STAGS nämlich nicht vom Abt und den mönchischen Lehrern, sondern von den „Medievals“. Diese demonstrativ Mittelalterlichen sind selbst Schüler der Oberstufe, aber eben besondere mit Stammbäumen bis in die Kreuzritterzeit. Ihr ebenso attraktiver wie charismatischer Anführer ist Henry de Warlencourt. Dem 17-Jährigen zur Seite steht als Stellvertreter Cookson. Weitere der jeweils sechs regierenden Medievals sind Piers und die Mädchen Esme, Charlotte und Lara.
Sie gebärden sich als extrem dünkelhaft und herrisch mit ausgesprochen gemeinen Attitüden. Um so überraschter ist Greer, als sie im Oktober vor den Herbstferien ausgerechnet von Henry eine Einladung auf den Herrensitz Longcross Hall im Lake District erhält. Es ist das Wochenende zur Eröffnung der Jagdräson und sie soll beim „Jagen Schießen Fischen“ dabei sein – die Medievals stellen ihr damit in Aussicht, wenn sie sich bewährt, sogar eine von ihnen zu werden.
Obwohl eine ältere Mitschülerin ihr dringend abrät, ist Greer viel zu fasziniert von Henry und diesen Aussichten, als dass sie die Einladung ausschlagen könnte. Mit Staunen stellt sie allerdings bei der Abfahrt fest, dass auch Nel und Shafeen eingeladen wurden. Auf Longcross Hall aber sind die drei zunächst irgendwie beruhigt, dass außer einigen stillen, servilen Dienstboten keine Erwachsenen zugegen sind.
Von Beginn an gelingt es der Autorin, langsam aber sicher eine Fährte von Neugier und Spannung zu legen. Und dann liest man sich immer mehr atemlos in finstere Geschehnisse ein, die sich Film-Fan Greer in ihren wildesten Fantasien nicht hätte vorstellen können. Mit Entsetzen müssen die drei „Gäste“ erkennen, dass die perfiden Upper-Class-Gastgeber sie nicht wirklich mitjagen lassen werden – sie sind die zu jagende Beute!
Die Medievals erweisen sich als moralisch völlig verkommene Herrenmenschenabkömmlinge, für die Greer, Nel und Shafeen entbehrliche und wertlose Subjekte sind. Womit ein irrwitziger Wettlauf um das nackte Überleben für die drei Zielpersonen einsetzt. Mehr sei von diesem auch psychologisch hervorragend angelegten Thriller nicht verraten. Auf jeden Fall bietet diese Geschichte viel sehr realen Gruselfaktor und doppelbödige Hochspannung. Fazit: ein absolut fesselnder Lesegenuss nicht nur für Teenager. Und es gibt bereits geradezu zwingend Filmpläne dazu.

# M. A. Bennett: Bloody Weekend. Neun Jugendliche. Drei Tage. Ein Opfer (aus dem Englischen von Sonja Häußler), 338 Seiten; Arena Verlag, Würzburg; € 16

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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