ELISABETH HERRMANN:
ZARTBITTERTOD
Mia ist 19 und will sich für die Hamburger Journalistenschule bewerben. Dafür soll sie
die Geschichte eines Familienfotos recherchieren. Sie wählt eines aus der kleinen
elterlichen Chocolaterie in Meißen aus. Es zeigt einen jungen Schwarzen mit seinem
weißen Lehrherrn und einem riesigen Nashorn aus Schokolade.
Mia weiß, dass der Junge Jakob Arnholt hieß, ihr Urgroßvater war und ein Herero
aus dem einstigen Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia. Der Erwachsene war Gottlob
Herder, der nach seinen Jahren in der Kolonie in Deutschland zum reichen
Schokoladenfabrikanten aufstieg.
Vieles aber weiß Mia noch nicht aus dieser Vergangenheiot, deshalb nimmt sie Kontakt auf
zu der Unternehmerfamilie und tatsächlich lädt sie Wilhelm Herder sofort zu einem
Gespräch ein. Damit beginnt Zartbittertod, der neue Jugendroman von
Erfolgsautorin Elisabeth Herrmann, der langsam einsetzt und auch viel über edle
Schokolade und ihre Herstellung erzählt.
Bald aber entwickelt sich das Ganze zu einem spannenden Krimi. Das ahnt man bereits, wenn
Mia in Lüneburg ziemlich ungnädig von der dünkelhaften Familie Herder empfangen wird
und erfahren muss, dass der 93-jährige Wilhelm in der Nacht zuvor durch einen
Treppensturz ums Leben kam. Mia erspäht verbotenerweise in seinem Zimmer zwei
Schuhkartons mit Unterlagen, die nach seinen Andeutungen mit Gottlob und Jakob zu tun
haben sollen, doch sie sind plötzlich verschwunden.
Mias Wissbegierde stößt auf herbe Ablehnung und ihre Ahnenforschung der besonderen Art
wird zunehmend gefährlich. Das Geschehen führt auch zu dem weitgehend vergessenen
Herero-Aufstand in Deutsch-Südwest, bei dem zwischen 1904 und 1908 durch deutsche
Kolonialtruppen über 50.000 Ureinwohner umkamen. Tagebuchausschnitte zu den Ereignissen
aus der Sicht des deutschen Soldaten Karl Arnholt, dem Vater Jakobs, sind zum besseren
Verständnis eingeschoben.
Welche dunklen Geheimnisse aber haben die Herders oder sonst noch jemand?! - zu
verbergen, dass hier tatsächlich noch mehr Blut fließt? Mia hat ein wenig Unterstützung
durch den jungen Will Herder, zwar ebenfalls ziemlich dünkelhaft aber auch attraktiv und
nicht wirklich ein Ekel. Um so wichtiger wird der Zusammenhalt zwischen den Beiden, als
ein mysteriöser Maskenmann erneut zuschlägt.
Mehr sei nicht verraten von der höchst interessanten Geschichte, die so manche
Überraschungen bietet und zugleich wertvolle Einblicke in jene fast vergessene
Kolonialzeiten eröffnet. Fazit: ein fesselnder vielschichtiger Roman nicht nur für
Teenager.
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