EMMA CARROLL: „NACHT ÜBER FROST HOLLOW HALL“


Man schreibt das Jahr 1881 und mitten in der sogenannten viktorianischen Ära war in England die Kluft zwischen Arm und Reich oft entsetzlich groß. So auch für die zwölfjährige Tilly, deren Vater und ältere Schwester sich deshalb nach Amerika abgesetzt haben. Nun müssen sie und ihre verhärmte Mutter sich mühsam allein durchschlagen.
Eine Dummheit führt schließlich erst zu einem beinahe tödlichen Unfall, am Ende aber zu einem versöhnlichen Ende. Davon jedenfalls erzählt Emma Carrolls erstes Kinderbuch, das in ihrer britischen Heimat bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. „Nacht über Frost Hollow Hall“ lautet der Titel und deutet zugleich auf den Besitz von Lord und Lady Barrington hin.
Vor zehn Jahren verloren sie ihr einziges Kind Christopher, genannt Kit. Er brach beim Schlittschuhlaufen auf dem See, der zu dem Anwesen gehört, ein und ertrank. Just zu diesem jetzt wieder zugefrorenen See geht Tilly nun, weil sie sich vom Metzgerssohn Will zu einer Mutprobe hat anstacheln lassen. Und bricht prompt genau dort ein, wo einst Kit starb.
Als sie nur noch den einen Gedanken hat, dass dies ihr Ende sein wird, rettet sie ein Engel aus der Eiseskälte. Der sich dann in ihren Träumen zu erkennen gibt – es ist Kit. Der findet keine Ruhe in seinem Grab und bittet Tilly, die wahren Umstände seines Todes aufzudecken. Zu gern nutzt Tilly diesen Auftrag, um sich als Dienstmädchen auf Frost Hollow Hall zu bewerben. Schließlich könnte sie damit auch zum Lebensunterhalt für sich und die Mutter beitragen.
Sie wird sofort angenommen. Was aber nicht sonderlich überrascht, denn auf dem Herrensitz soll es mächtig spuken, so dass die Familie kaum noch Dienstpersonal bekommt. Auch Tilly erlebt sehr bald, dass in dem herrschaftlichen Gemäuer mit seiner frostigen Atmosphäre so manches nicht stimmt. Seltsame Geräusche und Gerüche und dann sogar Stimmen und Berührungen lassen sie immer wieder erschauern.
Doch auch das lauernde Misstrauen der herrischen Haushälterin und der anderen Dienstboten sowie allerlei Spukerlebnisse sorgen für überaus schaurige Momente. Nach und nach bekommt Tilly trotzdem immer mehr Puzzlesteinchen heraus, doch dann wird sie in einer sturmumtosten Nacht nach einer Geisterbeschwörung hinausgeworfen. Womit aber längst noch nicht alles zu Ende ist, allerdings soll hier nicht verraten werden, ob es wohl ein Happyend gibt.
Das Alles liest sich sehr flüssig und die fesselnde Geschichte umfasst auf wohltuende Weise auch Themen wie Verlust und tiefe Freundschaft, aber auch einen ersten Anflug von Liebe. Über allem liegt dabei ein wohliges Gruseln und dennoch dürften vor allem Mädchen etwa ab 10 Jahre ein großes Lesevergnügen daran haben.

# Emma Carroll: Nacht über Frost Hollow Hall (aus dem Englischen von Gerda Beam); 396 Seiten; Thienemann Verlag, Stuttgart; € 14,99

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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