TESSA HADLEY: DAMALS
Mit der Familiengeschichte Damals erscheint erstmals ein Roman der in
Großbritannien gefeierten Erfolgsautorin Tessa Hadley auf Deutsch. Vorgestellt wird darin
eine interessante Konstellation von vier Geschwistern, die in ihr einstiges Elternhaus
zurückkehren, um zu entscheiden, ob sie es wieder herrichten oder verkaufen wollen.
Geradezu automatisch fallen die Vier wieder in die Rollen von damals zurück, wo die
Älteste von ihnen, die verschlossen mürrische Harriett oft genug Verantwortung
übernehmen musste. Was schon deshalb eine wichtige Rolle spielte, als ihre Mutter Jill
recht früh den ungetreuen Familienvater verließ und mit den Kindern in das elterliche
Pfarrhaus zurückging. Schon als Teenager verloren die Kinder die Mutter schließlich, als
diese an Brustkrebs starb.
Die zweite ist Alice, noch immer der Freigeist unter ihnen, und so hat sie typischerweise
ohne Absprache Kasim mitgebracht, den 19-jährigen Sohn eines ihrer Ex-Liebhaber. Der sehr
bald die 16-jährige Molly anbaggert, die Tochter von Roland. Der einzige Bruder hat
außerdem seine mittlerweile dritte Ehefrau Pilar dabei. Diese kühle argentinische
Rechtsanwältin passt nicht so recht in diese Familienrunde, Harriett allerdings fühlt
sich irgendwie von ihr angezogen.
Bleibt als Jüngste Fran zu nennen, die ihre Kinder Ivy (9) und Arthur (6) mitgebracht
hat. Ehemann Jeff blieb außen vor, da es zwischen ihnen kriselt. Während die Kinder in
der Gegend um das ländlich gelegene Haus auf die Pirsch gehen oder die flirtenden Kasim
und Molly beobachten, ergeben sich zwischen den Erwachsenen teils alte, teils neue
Spannungen. Und es kommen Emotionen und Erinnerungen auf.
Das Alles mäandert zunächst scheinbar ziellos vor sich hin. Doch immer mehr lernt man
die exzellent gezeichneten Charaktere kennen, zumal der Mittelteil dann auf das Damals
schwenkt. Vieles wird nun verständlich und die sehr überzeugenden Figuren und ihr
Miteinander fesseln zunehmend. Und schließlich muss ein Entschluss über das Haus
getroffen werden, denn die drei Wochen in diesem Sommer in Devon nähern sich dem Ende.
Es lohnt ungemein, sich in diese ebenso ruhige wie souveräne und elegante Prosa
einzulesen, denn dieser Roman hat viel Tiefe und ist zugleich ausnehmend unterhaltsam
geschrieben.
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