RAOUL BILTGEN: SCHMIDT IST
TOT
Schmidt Patrick, Anfang 30, Lehrer in Luxemburg, ist recht antriebslos und kuriert
momentan eine Grippe aus. Entsprechend unwillig reagiert er, als ein Müller aus Wien,
angeblich Polizist, ihm ziemlich unbeholfen mitteilt, dass sein Bruder René verstorben
sei. Schmidt müsse unbedingt kommen, die Gründe dafür aber wollte Müller nicht
verraten.
So sperrig beginnt Raoul Biltgens zweiter Roman Schmidt ist tot. Schmidt
Patrick grübelt über den möglichen Wahrheitsgehalt des Anrufs, denn René hatte schon
immer einen Hang zu makabren Scherzen gehabt. Einerseits war der 1. April zwei Tage her,
andererseits hatten sie schon vor René plötzlichem Fortgang aus dem Elternhaus kein
herzliches Verhältnis zueinander gehabt: Sie waren Brüder, ja, aber keine
Freunde.
Schließlich fährt Schmidt Patrick doch nach Wien, obwohl er damit rechnet, dass René
plötzlich quicklebendig vor ihm steht und sich amüsiert. Stattdessen aber landet er
tatsächlich auf dem Begräbnis seines Bruders und zwei Kriminalbeamte offenbaren ihm
finstere Wahrheiten. Durch eine Drogenfahndung sei man dem Möchtegernmaler auf die
Schliche gekommen als Mitglied terroristischer Kreise und dann habe er in der
Untersuchungshaft Selbstmord verübt.
Kann das möglich sein? So sehr Schmidt Patrick auch Erlebnisse aus Kindheit und Jugend
rekapituliert und sich an schräge Dinge erinnert, solch ein Abdriften hätte er nie
vermutet. Als er in Renés hinterbliebener Wohnung auf Verena Engl stößt, der ehemaligen
Freundin Renés, sind sich beide schnell sicher, dass das mit dem Terrorismus sehr
unwahrscheinlich ist. Und wie sehr dann erst der Selbstmord?
Für Schmidt Patrick in seiner spröden, eigenbrötlerischen Art ist der prägendste
Gedanke: er will raus aus diesem seltsamen Schachspiel, in das ihn dieser ominöse Herr
Müller hineingelockt hat. Und er fühlt sich nicht nur verfolgt im Handumdrehen
stecken er und Engl mitten in einem dunklen Krimi, in dem die Polizei nicht unbedingt ein
Freund und Helfer ist.
Mehr sei von dieser so ungewöhnlich erzählten Geschichte nicht verraten. Da wächst der
so schwer greifbare Schmidt Patrick immer mehr zu einem spannenden Helden aus schierer Not
heran und zum Gefühl einer gewissen Klaustrophobie trägt diese kunstvolle Erzählweise
bei, als hätte ein Kafka einen Krimi geschrieben. Und wer sich anfangs schwer tut, sich
in diesen anspruchsvollen Roman hineinzulesen: es wird zunehmend mitreißend und lohnt
allemal.
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