DOMINIC SMITH: „DAS LETZTE BILD DER SARA DE VOS“


Am Anfang steht eine Bildbeschreibung zu dem Landschaftsgemälde „Am Saum eines Waldes“, das die niederländische Malerin Sara de Vos 1636 gemalt hat. Dieses fiktive Kunstwerk steht im Mittelpunkt des Romans „Das letzte Bild der Sara de Vos“ des australischen Autors Dominic Smith.
Wie er im Nachgang jedoch betont, hat es in dem sonst den Männern vorbehaltenen Malbetrieb der St. Lukas-Gilden tatsächlich etwa 25 weibliche Mitglieder gegeben. Eine Malerin wie diese Sara könnte es also wirklich gegeben haben und vor diesem historischen Hintergrund lässt der Autor auch die Zeitebene spielen, in der die junge Frau nach dem Pesttod ihrer Tochter das bewusste Gemälde schuf.
Das dann in die Familie de Groot kam, wo es in der zweiten Zeitebene, dem Jahr 1957, nach über 300 Jahren Weitervererbung im Schlafzimmer des wohlhabenden Patentanwalts Marty de Groot hängt. Auf ominöse Weise gelangt ein heimlich geschossenes Foto des Bildes zu der Kunststudentin Ellie Shipley. In ihrer Leidenschaft für das Goldene Zeitalter der niederländischen Barockmaler und hier insbesondere das Schaffen der weiblichen unter ihnen lässt sie sich darauf ein, eine Kopie des Gemäldes anzufertigen.
In ihrer Naivität ist sie sich gar nicht bewusst, dass ihr überaus erfolgreiches Tun zu einer Straftat missbraucht wird. Marty de Groot allerdings entdeckt bald, dass das einzige noch existierende Bild der Sara de Vos durch eine Fälschung ersetzt wurde. Durch einen Privatdetektiv kommt er Ellie auf die Schliche, doch statt sie zu überführen, verführt er sie lieber und hinterlässt dann tiefe seelische Wunden.
Während der Autor einerseits in fließenden Übergängen die schmerzlichen Erlebnisse beider Frauen miteinander verwebt, kommt schließlich der Sprung in die Gegenwart. Ellie ist längst eine angesehene Kunstprofessorin in ihrer australischen Heimat geworden. Nun kuratiert sie gerade eine Ausstellung mit Gemälden der sogenannten Golden Zeit und – auch „Am Saum eines Waldes“ wird dazu erwartet. Von ihm sind jetzt allerdings Original und Kopie aus New York beziehungsweise aus den Niederlanden auf dem Weg nach Sydney.
Für Ellie könnte es zum Skandal kommen, doch noch jemand erscheint nun nach vier Jahrzehnten erneut in ihrem Leben: Marty de Groot. Inzwischen über 80 Jahre alt, will er sich endlich mit ihr aussprechen. - Eine höchst kunstsinnige Geschichte mit exzellent herausgearbeiteten Charakteren und in ebenso eleganter wie feiner Prosa geschrieben (großes Lob für die vorzügliche Übersetzung!), fesselt dieser anspruchsvolle Roman mit seinem geschickten Wechselspiel der Zeitebenen.

# Dominic Smith: Das letzte Bild der Sara de Vos (aus dem Englischen von Sabine Roth); 347 Seiten; Ullstein Verlag, Berlin; € 20

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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