ROBIN STEVENSON: „DER SOMMER, IN DEM ICH DIE BIENEN RETTETE“


Eine aufwühlende Geschichte hat die kanadische Kinder- und Jugendbuchautorin Robin Stevenson mit ihrem neuen Buch „Der Sommer, in dem ich die Bienen rettete“ vorgelegt. Allerdings stimmt der Titel nur bedingt, denn Ich-Erzähler Wolf ist eher das Opfer der Umweltaktivitäten seiner Mutter Jade.
Die geht völlig auf in ihrem Kampf zur Rettung der bedrohten Bienen und ordnet dem blindlings auch alles andere unter. Das beginnt schon mit den selbstgemachten Bienenkostümen, die sie dem zwölfjährigen Wolf und seinen fünfjährigen Zwillingsschwestern Saffron und Whisper für ihre große Aufklärungskampagne aufzwingt. Verschont bleibt nur Violet, denn erstens ist die schon 15 und zweitens nicht ihre Tochter sondern die ihres neuen Partners Curtis.
Vor allem aber sagt Violet offen Nein, während Wolf seine hochengagierte Mutter nicht enttäuschen oder gar verletzen will. „Ich sah bekloppt aus“, gesteht er sich kleinlaut ein, ohne sich jedoch zu wehren. Mit dem alten Kleinbus geht es los und vor wildfremden Menschen sollen die Kinder nicht nur optisch den Feldzug für die Rettung der Bienen unterstützen, sie sollen auch Leute ansprechen und Flyer verteilen.
Die Stimmung wird immer beklemmender, ohne dass die Weltverbesserin das Leiden ihrer Kinder wahrnimmt, vielmehr verunsichert sie sie obendrein mit Weltuntergangsgerede. Als sich die kleine Whisper schließlich so sehr in sich selbst zurückzieht, dass sie gänzlich verstummt, versucht Wolf vorsichtig, mit der Mutter zu sprechen. Und dringt einfach nicht durch.
Violet zieht irgendwann drastische Konsequenzen, indem sie sich einfach mit ihrem etwas älteren Freund absetzt. Für den zwischen dem Leiden an der Lächerlichkeit der Auftritte, der Uneinsichtigkeit der Mutter für seine und Whispers Probleme und seinem Gefühl für Loyalität hin- und hergerissenen Wolf dagegen gibt es diesen Weg nicht. Der überbordende, keinen Widerspruch duldende Enthusiasmus der Mutter, die eigene Verzweiflung und diese Lähmung durch die von ihr verbreitete Zukunftsangst – das muss in einen schmerzhaften Schlussdialog münden.
Sämtliche Charaktere sind dabei hervorragend ausgearbeitet, die Anspannung steigt von Kapitel zu Kapitel und man fühlt beklommen mit, wie der Druck auf die Kinder unerträglich wird und ihre elementaren Bedürfnisse ignoriert werden. Fazit: ein schwieriges Buch mit viel Tiefe, wichtigen Botschaften und gewiss eine Herausforderung für die Zielgruppe, junge Leser ab 12 Jahre.

# Robin Stevenson: Der Sommer, in dem ich die Bienen rettete (aus dem Englischen von Bettina Münch); 250 Seiten; Rowohlt Rotfuchs, Reinbek; € 16,99

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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