ANNE FULDA: „EMMANUEL MACRON“


So jung und ohne Rückhalt einer Partei Präsident Frankreichs zu werden wie Emmanuel Macron – das schien noch vor einem Jahr eine ulkige Anekdote und selbst im Wahlkampf dieses Frühjahrs eine kurz aufschäumende Randnotiz der Politik zu sein.
Und doch ist er es gegen sehr viele Erwartungen geworden, mit großer Mehrheit gewählt zum mächtigsten Mann der Grande Nation, von wo aus er vom Start weg beeindruckende Signale ins In- und Ausland aussandte. Wer aber ist dieser jugendliche Politstar, der an John F. Kennedy oder zumindest an den ähnlich jungen und gleichfalls strahlenden kanadischen Ministerpräsidenten Justin Trudeau erinnert?
Viele Medien und der Boulevard haben sich mit Deutungen und Kolportagen ausgetobt, doch Anne Fulda gelang es in Rekordzeit, eine ernstzunehmende Analyse unter dem Titel „Emmanuel Macron. Die Biographie“ zu verfassen. Unter Hochdruck hat der deutsche Verlag für eine Übertragung des erst im April in Frankreich erschienen Bestsellers gesorgt und nun liegt das aufschlussreiche Werk auch hier vor.
Wissen sollte man dabei, dass Anne Fulda dies Alles mit der Erfahrung aus über 30 Jahren als politische Journalistin des konservativen „Le Figaro“ zusammengetragen hat. Einschlägige Kenntnisse aus innersten Politkreisen darf man bei ihr voraussetzen, so wurde ihr unter anderem auch eine Affäre mit Nicola Sarcozy – bevor er Carla Bruni traf – nachgesagt.
Über den gerade 39-jährigen Politstar hat sie ein recht genaues Profil erstellt, das seine private Vita ebenso umreißt wie den steilen beruflichen Werdegang. Als besonders prägende Persönlichkeit wirkte da offenbar für den aus bürgerlichen Kreisen in der Provinz stammenden Macron seine strenge aber auch liebevolle Großmutter Manette. Doch auch sonst war stets seine Affinität zu deutlich älteren Menschen kennzeichnend, wo sich etliche Förderer bis in die hohe Politik fanden.
Von denen er sich bei aller Dankbarkeit jedoch nie vereinnahmen ließ. Bis hin zum sozialistischen Prädidenten Hollande, für den der ehemalige Investmentbanker eine Zeitlang als Wirtschaftsminister fungierte, um sich gleichwohl aus freien Stücken aus diesem Amt zu verabschieden. Eine ganz Kapitel aber widmet die Biographin der entscheidenden Figur im Leben Macrons: seiner Ehefrau Brigitte.
Seriös und sachlich schildert Fulda die ungewöhnliche Liebesgeschichte dieses Paares, das sich kennenlernte, als die 24 Jahre Ältere an der Schule seine Englischlehrerin war. Was sich so romanhaft anließ und entwickelte, taugt mindestens zu Vergleichen mit der Strahlkraft einer First Lady Jackie Kennedy. Jedenfalls wird unmissverständlich dargelegt, dass Brigitte Macron „eine Art psychologischer Bezugspunkt“ für ihn ist.
Das persönliche Erfolgsgeheimnis des frischgebackenen Präsidenten porträtiert die Autorin als Charisma gepaart mit Intelligenz, Zielstrebigkeit und Durchsetzungsvermögen. Bei allem gewinnendem Charme sei Macron gleichwohl ein komplizierter bis widersprüchlicher Charakter, der nicht nur zu verführen verstehe: „Wenn er eine Chance bekommt, dann nutzt er sich auch.“
Fazit: dies kann so früh am Beginn einer vielversprechenden Karriere noch keine sehr umfassende und tiefgehende Biographie sein, als erstes eingehendes Porträt der Person Emmanuel Macron aber ist es hilfreich und dabei ausgesprochen spannend gelungen.

# Anne Fulda: Emmanuel Macron. Die Biographie (aus dem Französischen von Nicola Denis, Felix Meyer, Bettina Sund und Volker Zimmermann); 220 Seiten, Klappenbroschur; Aufbau Verlag, Berlin; € 18

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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