DIETER HILDEBRANDT: „WAS ABER BLEIBT“


Anfang 2013 plante Dieter Hildebrandt ein Programm zu seinem 90. Geburtstag, das auch als Buch herauskommen sollte. „Mit 90 in die Kurve“ sollte der Titel lauten, doch leider verstarb der Doyen des deutschen Nachkriegskabaretts noch im selben Jahr.
Am 23. Mai 2017 hätte dieses Altersjubiläum nun angestanden und dazu hatte sein langjähriger Verlag eine blendende Idee: eine Werkschau mit einer Auswahl der wichtigsten Texte aus seinem umfangreichen Lebenswerk. „Was aber bleibt“ ist dieses Buch überschrieben und es besteht kein Zweifel: es ist sehr viel, was von diesem großen Moralisten und Menschenfreund geblieben ist.
Herausgegeben von seinem Lektor Rolf Cyriax, finden sich hier Texte von 1956 noch aus Studententagen bis hin zu jenen aus den letzten Jahren, als er unermüdlichen zu öffentlichen Auftritten unterwegs war. Immer hintersinnig und mit messerscharfer Logik war und ist auch erstaunlich vieles aus alten Programmen bis heute hochaktuell. Hier findet man Klassiker von der „Münchner Lach- und Schießgesellschaft“, von den seinerzeit revolutionären Fernseh-Satiresendungen „Notizen vom Nachbarn und dem „Scheibenwischer“.
Die Sammlung ist hervorragend zusammengestellt und wahrhaft repräsentabel und man vermeint beim Lesen das verschmitzte Grinsen und die so vorgeblich naive Mimik vor sich zu haben. Und man vermeint seine Stimme zu solch unvergesslichen Sternstunden der Kanzler-Veräppelung zu hören, wenn er da Helmut Kohl das „Abendlied“ von Matthias Claudius verhunzen lässt. Dazu gehören dann auch dessen verquere Zitate wie das vom „Mantel der Gechichte“ oder die Tellerrandsichtweise.
Ob er sich an Franz-Josef Strauss rieb oder Sätze formte, die zu Zitatklassikern wurden („Politiker haben in der Regel saubere Hände. Das ist auch klar, denn es heißt ja ausdrücklich: Eine Hand wäscht die andere.“) es fesselt noch heute ebenso wie jene Charakterisierungen von Freunden und Gegner, von Neidern und Feinden. Mit eingebaut sind im Übrigen 21 Zeichnungen seines Freundes Dieter Hanitzsch.
Fazit: Dieses Best-of von Dieter Hildebrandt ist wie ein Sittengemälde Deutschlands durch die Brille eines nachdenklichen und unbestechlichen Sezierers der öffentlichen Befindlichkeiten über fünf Jahrzehnte zu betrachten. Der unvergessliche Meister der geschliffenen Zunge war ein Stück deutscher Geschichte und er hat sie auf seine unnachahmliche Weise mitgeprägt.

# Dieter Hildebrandt: Was aber bleibt. Texte aus fünf Jahrzehnten; 544 Seiten, 21 Zeichnungen; Blessing Verlag, München; € 22,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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