TAKIS WÜRGER: „DER CLUB“

 
Es gibt ihn wirklich, den snobistischen Pitt-Club an der berühmten Universität von Cambridge. SPIEGEL-Reporter Takis Würger nahm eine Auszeit, um drei Jahre dort zu studieren. Aus seinen teils spektakulären – aber auch authentischen – Erfahrungen am College und im Club schuf er seinen Debütroman „Der Club“.
Zum Einstieg stellt er Hans Stichler mit seiner sehr eigenen Vita vor. Früh verliert der schmale Einzelgänger seine Eltern und stößt dann im Internat auf Pater Gerard. Der trainiert den schüchternen Amateurboxer und schafft nicht zuletzt dadurch eine Voraussetzung für ein gediegenes Abenteuer von herber Härte.
Die Kunsthistorikerin Alexandra Birk, Professorin in Cambridge, ist seine einzige verbliebene Verwandte. Zum Abitur macht die Endfünfzigerin dem gerade 19-jährigen Neffen ein verlockendes Angebot: einen Studienplatz an ihrer Universität. Über sein Boxtalent will sie ihm außerdem den Zugang zum berühmt-berüchtigten Pitt-Club verschaffen. Neben allerlei dünkelhaften Upper Class-Vorgaben gehört Boxen zu einem Muss, um dort auch ohne vermögenden Hintergrund akzeptiert zu werden.
Als Gegenleistung soll sich Hans detektivisch betätigen, denn hinter den vornehmen alten Gemäuern und unter diesen teils mächtig abgehobenen Studenten aus hochmögenden Kreisen gibt es nicht nur hermetisch abgeschottete Geheimnisse. Tante Alexandra verrät nur wenig, aber offenbar soll sich Hans in die unzugänglichen Zirkel einschleichen, um ein Verbrechen aufzuklären.
Aber auch Charlotte, die 23-jährige Doktorandin seiner Tante, mit der ihn bald eine spröde Beziehung verbindet, scheint etwas zu verbergen. Tatsächlich gelingt es Hans, in die elitären Kreise einzudringen, da er sich als überraschend harter Boxer für den bevorstehenden Rivalenkampf gegen Oxford empfiehlt. Auch wenn er irgendwie untypisch erscheinen mag: „Ein stiller Vogel und im Boxring ein Biest.“
Und er schafft es sogar, für die Aufnahme in einer Gruppe auserkoren zu werden, die noch weniger über ihre ominösen Gebräuche spricht als andere im ohnehin schon geheimniskrämerischen Pitt-Club, den „Schmetterlingen“. Immer nur fünf gehören zu ihnen und zu dem bizarren Aufnahmeritual der Jünglinge gehören Vorgänge jenseits aller moralischen Vorstellungen. Die intern allerdings als „ein wenig exzentrisch“ verharmlost werden.
Nur eines jedoch sei noch von dieser raffiniert geknüpften Geschichte verraten: wenn Hans noch rätselt, ob man Falsches tun darf, um das Richtige zu erreichen, lauert in Wirklichkeit im Verborgenen der Gedanke einer Rache. Der Autor treibt das Alles rasant voran und der Wechsel zwischen den wichtigsten Protagonisten als Ich-Erzählern schafft eine absolut fesselnden Dramaturgie.
Zum großen Vergnügen für Liebhaber anspruchsvoller Spannungsliteratur trägt im Übrigen bei, dass sich Takis Würger als exzellenter lakonischer Stilist erweist.

# Takis Würger: Der Club; 240 Seiten; Kein & Aber Verlag, Zürich; € 22

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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