PEER MARTIN/ANTONIA MICHAELIS:
GRENZLANDTAGE
Die Griechen haben selbst nichts, jeder weiß das, die Griechen können nicht
helfen. Den Gedanken haben die Flüchtlinge auf dem havarierten Boot sofort, als die
Küstenwache naht und sie erkennen müssen, dass sie nicht kurz vor Italien sondern
offenbar vor Kreta sind.
Damit setzt der Jugendroman Grenzlandtage oder das Glück der Wanderfalter
ein, in dem Peer Martin und Antonia Michaelis die von so vielen gutmeinenden Menschen kaum
geahnte Dramatik und Verzweiflung der Syrien- Flüchtlinge auf die ebenso wohlgesonnene
wie naive Jule aus Deutschland treffen lassen. Die 17-Jährige will sich einfach nur
abseits all der Hektik mit Muße für das bevorstehende Abitur vorbereiten.
Frühjahr, eine nicht näher benannte griechische Insel, wo es mit den wenigen Touristen
noch ruhig zugeht. Jule genießt die Gastfreundlichkeit der Insulaner und als sie einem
etwa Gleichaltrigen mit einer verbundenen Hand begegnet, hält sie ihn zunächst für
einen wild campenden Rucksacktouristen. Irgendwie funkt es sofort zwischen ihnen,
allerdings muss Jule schnell erkennen, dass dieser Asman nicht zum Vergnügen hier ist
sondern als syrischer Flüchtling.
Beklommen erfährt sie nach und nach, in welch einem schier aussichtslosen Dilemma nicht
nur Asman sitzt. Mit über 100 Landsleuten waren sie ausgenommen und ins Unglück
geschickt worden. Viel zu wenig Treibstoff für die Überfahrt hatte man ihnen für viel
Geld angedreht und dazu einen derartig maroden Äppelkahn beim Untergang in der
noch winterlich bewegten Ägäis hatte sich nur 32 von ihnen auf diese Insel retten
können.
Doch die ist griechisch und somit eine fatale Falle, denn sie alle wollen nach Schweden.
Werden sie jedoch hier registriert, bleiben sie unter elenden Bedingungen in einem
griechischen Lager hängen. Deshalb verstecken sie sich in abgelegenen Höhlen und
vegetieren hilflos vor sich hin. Was für Asman auch der Grund ist, Jule auf jeden Fall
vom Camp der Flüchtlinge fernzuhalten.
Die jedoch hat sich schon viel zu sehr in Asman verliebt und ist andererseits zu neugierig
aber auch von zu viel idealistischem Hilfswillen beseelt, als dass sie sich einfach so
abwimmeln ließe. Dabei erscheint wirkliche Hilfe unmöglich und als ob das nicht
schon reichte wird dann auch noch ein einheimischer Inselbewohner tot aufgefunden,
ermordet.
Das Alles spitzt sich dramatisch zu und so intensiv das Geschehen auch mit der
außergewöhnlichen Liebesgeschichte zwischen Jule und Asman verbunden ist, so steht doch
das Flüchtlingselend mit all seinen verzweifelten Hilfsversuchen im Vordergrund. Und weil
dieser Roman nicht nur hervorragend geschrieben sondern auch sehr authentisch ist, kommen
die Nöte der um ihre Existenz als Touristenziel bangenden Insulaner ebenfalls zur
Sprache.
Fazit: ein eindringliches und ungemein wichtiges, hochaktuelles Buch, das nicht nur junge
Leser ab etwa 15 Jahre ungemein fesseln wird und unbedingt zur Pflichtlektüre in den
Schulen gemacht werden sollte.
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