SHARON GUSKIN: „NOAH WILL NACH HAUSE“


Natürlich ist Noah ein ganz besonderes Kind für die New Yorker Architektin Janie Zimmerman. Gezeugt wurde der Junge an ihrem 39. Geburtstag in einer lauen karibischen Nacht auf Trinidad mit einer Zufallsbekanntschaft für eine Nacht.
Spätestens mit vier allerdings wird der Junge noch auf ganz andere Weise etwas Besonderes und davon erzählt Sharon Guskin in ihrem Debütroman „Noah will nach Hause“. Allnächtlich quälen ihn Alpträume, aus denen er schreiend erwacht und zu seiner Mutter will. Und damit meint er nicht Janie. Außerdem wehrt er sich mit Händen und Füßen dagegen, gebadet zu werden.
Schließlich wird er auch im Kindergarten auffällig, denn er erzählt von Dingen, die ein Vierjähriger noch kaum kennen kann. Als er aber außerdem auch noch von Bedrohungen berichtet und dass er unter Wasser gedrückt werde und nicht mehr atmen könne, befürchtet die Erzieherin einen Fall von Misshandlung oder gar Missbrauch. Die Ärzte und Psychiater, die Janie mit Noah aufsucht, sind jedoch wenig hilfreich und deuten allenfalls etwas von Schizophrenie an.
Da stößt die verzweifelte Mutter im Internet auf Professor Jerome Anderson, der als Experte für Fragen angeblicher Wiedergeburten gilt. Allerdings hat der selbst ein schweres Problem, denn er leidet unter Aphasie, einer fortschreitenden Krankheit, die das Sprach- und Kommunikationsvermögen zerstört. Um so mehr drängt die Fertigstellung seines Buches über Reinkarnation und genau ein konkreter Fall wie der Noahs fehlt ihm noch zur Glaubhaftmachung.
Für Janie und Noah beginnt damit ein äußerst belastender Marathon. Doch Anderson stößt schließlich tatsächlich auf eine mögliche Spur. Hier kommt nun Denise Crawford ins Spiel, die seit einigen Jahren ihren Sohn Thommy vermisst. Der verschwand mit acht Jahren im Wald und tauchte nie wieder auf. Und das Verblüffende passiert: Noah erkennt nicht nur erstaunlich viele Details in ihrem Haus, er umklammert Denise und nennt sie Mama.
Größte Zweifel sind jedoch angebracht, denn so viel Noah auch zu erkennen scheint und auch vom „Bruder“ Charlie weiß – nicht einmal die Hautfarbe stimmt! Dann aber verschwindet Noah plötzlich und Charlie findet ihn verstört und verdreckt in jenem Wald, in dem einst Thommy verschwand. Ein Rätsel? Oder gar ein Verbrechen? Das sei hier nicht verraten, denn dieser trotz der Thematik durchaus nicht von esoterischen Schwurbeleien belastete Roman hat längst eine ungeheure Sogwirkung entfaltet, die nicht gestört werden soll.
Erzählt wird das Alles in packender Weise und auch die Einschübe mit Abhandlungen des Forschers Jim Tucker, der die Phänomene angeblicher Erinnerungen an vorherige Leben untersucht, stören da kein bisschen. Fazit: man muss nicht an Wiedergeburt glauben, um diesen mitreißenden Roman zu genießen, aber Zweifel kommen dann schon auf, ob nicht doch...

# Sharon Guskin: Noah will nach Hause (aus dem Amerikanischen von Carina Tessari); 430 Seiten, Klappenbroschur; Allegria Verlag, Berlin; € 18

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS) 

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