MIKE EVANS: „VINYL - DIE MAGIE DER SCHWARZEN SCHEIBE“


Frank Sinatra und Bea Wain waren die Gesangsstars auf der ersten offiziell ausgelieferten Vinylschallplatte in Serienproduktion. Das war am 1. Oktober 1943, man nannte diese Tonträger V-Disc und dass sie überhaupt als Sonderpressungen für die US-Army auf diesem neumodernen Material rausgingen, hatte mit kriegsbedingten Engpässen bei der Herstellung der üblichen Schellack-schallplatten zu tun.
Der allgemeine Siegeszug der Vinyl-Schallplatten begann dann 1948 durch die COLUMBIA. Zwar hatte sie wie auch der große Konkurrent RCA-Victor schon 1931 erste Vinyl-Exemplare vorgelegt, doch die Weltwirtschaftskrise verhinderte den Sieg über die Schellackscheiben. Deren Nachteil war neben der Schwere und Zerbrechlichkeit aber vor allem die Begrenzung auf drei Minuten Spielzeit pro Seite.
Wie das neue Material dann zum weltweiten Massenphänomen der Musikindiustrie führte, erhellt nun Mike Evans mit seinem Buch „Vinyl – Die Magie der schwarzen scheibe“. Eingangs beschreibt der bekannte britische Musikjournalist die Entstehungsgeschichte der Tonträger von Edisons ersten Walzengerät (1885) bis hin zu den Schellackplatten mit 78 Umdrehungen pro Minute und den dafür benötigten Grammophonen.
Auf Vinyl jedoch schnellten die Verkäufe in die Höhe, wobei die Langspielplatte ihren umgehenden Durchbruch der Klassik verdankte, denn endlich konnte man ganze Sonaten oder Arien in einem Stück hören. Auch für den Jazz war die LP ein Erfolgsgarant, während die 45er-Single vor allem durch den Rock&Roll in den 50er Jahren Riesenerfolge feierte. Evans schildert dazu die einzelnen Formate und entscheidende Qualitätsfortschritte wie das Microgroove-Verfahren, die Saphir- oder Diamantnadeln sowie den HiFi- und den Stereo-Sound.
In den 60er Jahren waren dann die Beatles die Wegbereiter für den Album-orientierten Rock mit seinen Multimillionenverkäufen. Von denen werden zahlreiche vorgestellt wie auch bahnbrechende Labels von Pionieren wie DECCA über MOTOWN bis hin zu heutigen Herstellern wie WARP und SubPop. Und das ist der eigentliche Anlass für diese brillant zusammengestellte Hommage an die Vinyl-Schallplatte: ihr um das Jahr 2000 vermeintlich endgültig besiegelter Tod.
Als Anfang der 80er Jahre die handliche CD aufkam, ging es steil bergab mit den Vinylscheiben, und das spätere Aufkommen digitaler Tonträger schien der letzte Sargnagel zu werden. Ums o faszinierender war die Wiederbelebung des Vinyls seit gut zehn Jahren, nachdem in Jukeboxes und bei den DJs ohnehin kaum ein Wechsel stattgefunden hatte. Namhafte Stars beschworen immer wieder ihren viel lebendigeren, authentischeren Klang und viel von ihnen wie z.B. Bob Dylan lassen ihre neuen Einspielungen auch auf Vinyl veröffentlichen.
Und natürlich widmet sich dieses Kompendium neben vielen Stars und den alten wie neuen Abspielgeräten auch einer Begleiterscheinung des Siegeszuges um die Welt, die erst durch die schwarzen Scheiben entstand: die Plattencover, unter denen es nicht nur so manchen Hingucker gab sondern auch wahre Kunstwerke.
Dass sie und ihr Inhalt auch weiterhin erhalten bleiben, dafür sorgen allein in Deutschland acht Schallplattenherstellerfirmen und bei den Plattenspielern gibt es längts sogar HighEnd-Geräte und auch solche mit USB-Anschluss. Fazit: ein spannendes Stück Kulturgeschichte und ein Muss für alle Musik- und Schallplattenliebhaber.

# Mike Evans: Vinyl – Die Magie der schwarzen sCheibe. Grooves, Design, Labels, Geschichte und Revival (aus dem Englischen von Stefanie Kuballa); 256 Seiten, über 600 Abb., Großformat; Edition Olms, Zürich; € 29,95

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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