PHILIPPE HAYAT: "WIE EIN LICHT IM WIND"


Paris im August 1941: Völlig unvermittelt erscheint Monsier Surreau in der Wohnung der Familie Moscowitz und eröffnet dem 14-jährigen Maurice und seiner kleinen Schwester Marie: "Eure Eltern kommen so schnell nicht wieder, Kinder, ihr müsst hier weg und zwar gleich."
Mit diesem Satz bricht der ganze Schrecken der deutschen Besatzung über die beiden Kinder herein.
Ihre Familie gilt den Nazis als jüdisch und sie sind ab jetzt nirgendwo mehr sicher. Surreau, der Chef ihres Vaters, bringt sie in einem Verschlag auf dem Dachboden eines Hauses in der Nähe der Pariser Markthallen unter, überlässt sie dann aber sich selbst. Es dauert nur Stunden, bis die beiden von einer Bewohnerin des Hauses entdeckt werden. Zu ihrem Glück nimmt die junge Prostituierte Belle die beiden unter ihre Fittiche und hilft ihnen zunächst weiter.
Doch damit sind ihre Probleme längst nicht gelöst. Es beginnt ein Überlebenskampf der beiden Kinder, der voller Abenteuer steckt und fast die Gefahren vergessen lässt, denen sie ständig ausgesetzt sind. Aus der Geschichte dieses Ringens ums Überleben, die im Übrigen auf einer wahren Begebenheit beruht, hat Philippe Hayat den in seiner französischen Heimat bereits preisgekrönten Debütroman "Wie ein Licht im Wind" geschaffen.
Darin entdeckt Maurice auf der Suche nach Nahrung die Markthallen von Paris und in ihnen ein Umfeld, das ihm und seiner Schwester Möglichkeiten bietet, unerkannt zu überleben. Zunächst findet er Arbeit bei einem Fischhändler und kann von der Entlohnung beide ernähren. Und mit der Zeit wird Momo, wie er in den Markthallen ge-nannt wird, immer selbstbewusster und gründet gemeinsam mit einigen durchaus zwielichtigen Figuren eine Art Firma. Sie nennen es nicht Schwarzmarkt, sondern ?grauer Markt.?
Sie kaufen Gemüse dort, wo es besonders billig ist und verkaufen es an anderer Stelle als fliegende Händler mit gutem Gewinn. Damit machen sie so viel Gewinn, dass Maurice seiner Schwester und sich einen Ofen für ihren Verschlag kaufen kann. Als dieses Geschäft auffliegt, betreiben Maurice und seine Freunde ein Bistro. Durch ihre gute Vernetzung im ?grauen Markt? können sie in Zeiten des Mangels Speisen von ausgesprochen guter Qualität anbieten.
Aus dem Bistro entwickelt Maurice die Idee, einen "Catering Service" zu entwickeln, mit dem er dann richtig Geld verdient, weil er seine Speisen mit exzellentem Service an Gesellschaften in gut bürgerlichen Kreisen verkauft. Das lässt in ihm den Plan entstehen, seine Eltern zu finden und gegebenenfalls freizukaufen. Seine Freundin Belle, mit der ihn inzwischen mehr verbindet als nur Freundschaft, versucht über einen deutschen Offizier herauszufinden, wo seine Eltern geblieben sind.
Doch gerade als alles sich so gut entwickelt, schlägt die Besatzungsmacht zu: Maurice wird verhaftet und in dasselbe Gefängnis abtransportiert, in das schon sein Vater gebracht wurde. Marie kann von seinen Freunden gerettet werden und verbringt den Rest des Krieges im Keller des Bistros. Bis zur Befreiung von Paris durchleidet Maurice die Schrecken der Gefangenschaft, überlebt aber und kann am Schluss seine Schwester wieder in die Arme schließen. Belle dagegen wird zum Verhängnis, dass sie sich mit einem Deutschen eingelassen hatte.
Die Geschichte von Philippe Hayats Roman präsentiert einen geradezu unglaublichen Überlebenswillen dieser zwei Kinder, die nichts anderes verbrochen hatten, als jüdische Vorfahren zu haben. Was sich teilweise liest wie eine spannende Abenteuergeschichte, zeigt gerade dadurch, dass es so leicht geschildert ist, wie grausam dieses System alles verfolgt und vernichtet hat, was nicht ins eigene Bild zu passen schien.

# Philippe Hayat: Wie ein Licht im Wind (aus dem Französischen von Christiane Landgrebe); 365 Seiten; Thiele Verlag, Hamburg; € 22

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