ANDRÉ HELLER: „DAS BUCH VOM SÜDEN“


Sänger, Schauspieler, Zirkusgründer, vielfältiger Produzent – nun hat Österreichs buntester und wohl auch kreativster Kulturschaffender André Heller lange Versäumtes nachgeholt: er hat seinen ersten Roman verfasst. „Das Buch vom Süden“ lautet der Titel und der weist manch unübersehbar Autobiographisches aus, wenngleich er in Gänze fiktiv ist.
Im Mittelpunkt steht Julian Passauer, Einzelkind liebevoller Eltern, das kurz nach dem Krieg in eine beneidenswerte Idylle geboren wird. Der Vater wurde zum stellvertretenden Direktor des Naturhistorischen Museums in Wien ernannt und da die Dienstwohnung im Schloss Schönbrunn liegt, bewohnt der Junge ein Dachzimmer mit einzigartigem Ausblick.
Die Vita Julians lässt sich dank seiner Eltern höchst angenehm an mit Ausflügen, Konzerten, viel Kultur und Bildung. Ebenso verwöhnt wie schüchtern steht dem Knaben gleichwohl eine glänzende Zukunft offen. Doch schon als ihm mit eben zwölf Jahren wegen der Gärtnersgattin erste erotische Fantasien aufkommen und er, hierin ganz dem Vater folgend, eine tiefe Passion für den Süden verspürt, entwickelt er sich zu einer Art „fleißiger Taugenichts“.
Während die innig geliebte Mutter eine feste Konstante im Leben Julians ist – ganz wie auch beim Autor, der den Roman sogar seiner 101-jährigen Mama gewidmet hat – gibt es einen wichtigen und einen weichenstellenden Akteur als prägende Figuren für Julians Lebensweg. Der alte und recht kauzige Graf Eltz ist ein hinreißender Ratgeber mit manch geistreichen bis skurrilen Bonmots, wogegen ein anderer alter Förderer des stetig Suchenden, der Herr Ruhigblütel, dessen überragendes Talent zum Pokerspieler entdeckt.
Und so ist das weitere Schicksal vorgezeichnet, denn das professionelle Spiel reicht ohne sonstige Berufsausübung für ein exquisites Wohlergehen bis hin zum Palazzo am Gardasee. Beim Liebesglück tut sich der Frauenfreund allerdings auch dank seiner Unentschiedenheit schwerer. Gleich Dreien gilt sein Sehnen und Fühlen, von der Kapriziösen über die erotisch Komplizierte bis hin zur schönen äthiopischen Köchin des Hauses.
Ein Suchender aber bleibt Julian bis zuletzt und bei aller Leidenschaft zum Süden führt ihn die Sehnsucht doch immer wieder auch zurück in die Heimatstadt, in das allmählich verkommende und doch auch unsterbliche Wien mit seinen exzentrischen Gestalten und Ereignissen. Deren Zeuge und Mitspieler der Autor ja selbst war und noch ist, wie allenthalben zu spüren bleibt.
Das Alles wird wohltuend unaufgeregt erzählt in einer Sprache von wunderbar altmodischer Eleganz und Schönheit. Ein wenig mehr an echten, tiefen Emotionen und ein deutlicherer roter Faden wären wünschenswert gewesen. So verbleibt dieser so feingesponnene Roman trotz der ein oder anderen ironisch bis satirisch funkelnden Passage eher edles literarisches Naschwerk und bestens geeignet als eine geruhsame Bettlektüre.

# André Heller: Das Buch vom Süden; 335 Seiten; Zsolnay Verlag, Wien; € 24,90

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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