SABINE DURRANT: „STILLES VERMÄCHTNIS“


Am Valentinstag vor einem Jahr hat die Schulbibliothekarin Lizzie ihren Mann durch einen Verkehrsunfall verloren. Freunde hatten sie inzwischen gedrängt, sich mit der Vergangenheit abzufinden, und nun fängt sie an, den Nachlass zu ordnen. Und sie fährt erstmals zu dem Unfallort, wo Zachs Auto an einem Baum zerschellte und er verbrannte.
Dort jedoch erlebt sie einen Schock, denn als sie ihre Blumen ablegen will, liegen da bereits welche mit einem Zettel dran, auf dem eine Xenia eben diesen Zach grüßt. Damit beginnt die englische Erfolgsautorin Sabine Durrant ihren neuen Psychiothriller „Stilles Vermächtnis“. Gab es also eine andere Frau im Leben ihres geliebten Mannes? Dabei hatte die eher unscheinbare Frau den erfolglosen aber egomanen Maler angehimmelt.
Während die Ich-Erzählerin nach und nach auf verwirrende und teils unerklärliche Spuren von kaum zu enträtselnden Geheimnissen stößt, empfindet sie zunehmend ein Gefühl von Unsicherheit, ja sogar Bedrohung. Was sich für den Leser noch zusätzlich steigert, denn auch Zach äußert sich in Einschüben, die ihn nach und nach als extrem eifersüchtigen Psychopathen mit aggressiver Kontrollsucht entlarven.
Wenn das hochspannende Puzzle mit immer neuen Überraschungen und Wendungen allmählich beginnt, ein Bild zu ergeben, ist es das eines anmaßenden Narziss, der – wenn überhaupt jemanden – nur Lizzie geliebt hat, jedoch von inneren Kämpfen zerrissen war, die er auch mit Alkohol und Medikamenten nur mühsam beherrschte. Für Lizzie aber nehmen die demütigenden Erkenntnisse darüber, wie wenig sie das scheinbare Idealpaar waren, in erschreckender Weise zu.
Ihren Kinderwunsch hatte er heimlich mit seiner Sterilisation unterlaufen und seine Aufzeichnungen lassen ahnen, dass er auch kein Kind als Rivalen seines Alleinvertretungsanspruchs ertragen hätte. Um so erratischer drängt sich die 17-jährige Onnie mit schriller Wucht in die ohnehin zerbrochene Idylle. Lizzie ist eine viel zu liebe und zu wenig selbstbewusste Frau, als dass sie den dreisten Auftritten dieses frechen Früchtchens aus einer gehobenen Politikerfamilie angemessen hätte entgegentreten können.
Die Spannung in diesem bis zuletzt nur schwer zu durchschauenden Geflecht von Lügen, Täuschungen und Obsessionen und dem Spiel mit den Ängsten nimmt stetig zu und sorgt nicht zuletzt dank der hervorragenden Charakterzeichnungen für einen wohligen Gänsehaut-Genuss auf hohem Niveau.

# Sabine Durrant: Stilles Vermächtnis (aus dem Englischen von Elvira Willems); 429 Seiten, Klappenbroschur; Pendo Verlag, München; € 14,99

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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