ROBIN RINALDI: MEIN WILDES
JAHR
Rund 17 Jahre war Robin Rinaldi mit dem Weinmacher Scott Mansfield verheiratet, bis es zu
einem Experiment kam, das nach aller Lebenserfahrung von vornherein keine großen Chancen
hatte, den angedachten Zweck zu erreichen. Ein Jahr lang sollte die Ehe nur am Wochenende
stattfinden, ansonsten war freie Liebe angesagt.
Die versierte Journalistin hat über diese Zeit ein sehr offenes Erinnerungsbuch
geschrieben übrigens mit Einverständnis ihres jetzigen Ex-Ehemannes. Der Titel
Mein wildes Jahr. Zwei Tage Ehe, fünf Tage Sex bringt den äußeren Ablauf
auf den Punkt. Mit Schuldzuweisungen an die Autorin, die zur Zeit der bewegten Monate
immerhin 44 Jahre alt war, sollte man allerdings vorsichtig sein, denn der Beweggrund ist
durchaus nachvollziehbar.
Sie und Scott führten eine recht normale Ehe mit durchschnittlichem Sexualleben ohne
schäumende Leidenschaft. Eine erhebliche Belastung war jedoch, dass er sich ihrem
Kinderwunsch verweigerte und sie jetzt dem biologischen Grenzbereich für eigenen
Nachwuchs entgegengehend sogar vor vollendete Tatsachen stellte, indem er sich
sterilisieren ließ.
Mit verständlicher Empörung verlangte sie nun eine Phase der offenen Ehe, ihre klare
Ansage: Ich weigere mich ohne Kinder zu sterben und nur mit vier Männern
(einschließlich Ehemann Scott) geschlafen zu haben. Kann ich das eine nicht haben,
brauche ich das andere. Scott ließ sich notgedrungen darauf ein und beide machten
einige Regeln aus. Danach hatten Gefühle außen vor zu bleiben, gemeinsame Bekannte waren
tabu und auf jeden Fall sollten Kondome benutzt werden.
Um ihre eigene Sexualität und Begierden auszuloten, suchte Robin unter anderem Love-Guru
Mama Gena und einen Erotik-Meditationsworkshop auf. Das Entscheidende aber
waren natürlich die unmittelbaren sexuellen Begegnungen mit insgesamt zehn Männern und
zwei Frauen, die sie auch ebenso explizit wie gekonnt beschreibt. Sei es bei den
einschlägigen Kursen, sei es bei der Ausübung mit den Bettpartnern in ihrem in San
Francisco angemieteten Apartment lernte sie viele oft überraschende neue Seiten an sich
kennen.
Die Wahl der Partner erfolgte auf gehobenem Niveau und es war eine besonders angenehme
Überraschung für die für fast alle Variationen offene Liebeshungrige, dass überwiegend
etwas jüngere Männer auf sie abfuhren. Lust und Leidenschaft genoss sie alsbald jedoch
so sehr, dass sie die Grundregel der Kondomverwendung schon bald bewusst über den Haufen
warf. Eine andere Regel aber missachteten schließlich beide Ehepartner, jeder auf seine
eigene Weise.
Während sich Robin in einen der Partner intensiv verliebte, ging Scott sogar eine
Dauerbeziehung mit einer jüngeren Frau ein und rechtfertigte dies mit seinem Unwillen,
ständig neue Bettpartnerinnen suchen zu sollen. Doch auch so bestätigte sich nach Ablauf
der einjährigen offenen Ehe, dass der Versuch, eine Ehe durch Sex mit Fremden
retten zu wollen, wenig erfolgversprechend ist. Im Falle der Autorin hatte das Ehe-Aus
nach der Auszeit aber offenbar dennoch ein Happyend.
Sie selbst lebt seit einigen Jahren mit einem der Partner zusammen und Scott war
Ähnliches beschieden. Der eigentliche Clou dabei beide Ex-Ehepartner führen eine
normale monogame Beziehung und finden es gut so. Fazit: eine sicherlich für zahlreiche in
Sachen Liebe und Sex Verunsicherte interessante und aufschlussreiche Lektüre, die durch
den unverklemmten Exhibitionismus der Berichterstatterin auch einiges an pikanter Anregung
bietet.
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