FREDRIK BACKMAN: „OMA LÄSST GRÜßEN UND SAGT, ES TUT IHR LEID“


Die siebenjährige Elsa lebt in einer Patchwork-Familie mit einer peniblen Mutter, die vom wenig geschätzten Stiefvater schwanger ist, während der humorlose Vater gleichfalls neu verheiratet ist. Dass sich das auch auf ihr Verhalten in der Schule auswirkt, liegt allerdings mehr an ihrer einzigen, dafür aber um so engeren Freundin – ihrer Großmutter.
Elsas Pipi-Langstrumpf-Allüren und Omas Geringschätzung gegenüber Regeln und Autoritäten sind der Ausgangspunkt für Fredrik Backmans neuen Roman „Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid“. Trotz der kindlichen Hauptfigur erzählt der schwedische Erfolgsautor hier eine ganz und gar erwachsene Geschichte um Verlust, Trauer und viel Menschlichkeit. Als besonders berührendes Element wirkt dabei durchaus die oft altkluge und ziemlich ironische Sichtweise Elsas.
Mit ihrer schrägen Oma, der man die 77 Jahre kein bisschen anmerkt, wenn sie mal wieder in der Schule auftaucht, um Ungereimtheiten zurechtzurücken, werden die Probleme mit den Mitschülern nicht eben geringer. Ganz groß aber ist Oma im Trösten, denn dafür hat sie sich das Fantasieland Miamas ausgedacht, in dessen sechs Königreichen nicht nur Menschen vorkommen. Doch die alte Dame spricht auch über die Beweggründe für ihr ungebärdiges Verhalten, denn in ihrer Jugend hatten Mädchen einen schlechten Stand. Weshalb sie vielen Widerständen zum Trotz Kinderärztin wurde und dann in armen Ländern arbeitete.
Um so härter trifft es Elsa, als ihre beste Freundin ziemlich plötzlich stirbt. Ihre Trauer wie auch ihre Wut über das Alleingelassenwerden ebben erst ab, als sie beginnt, Omas hinterlassene Wunschliste abzuarbeiten, wobei sie unendlich vieles kennenlernt, was vor ihren gemeinsamen sieben Jahren lag. Manches davon bestätigt, dass Oma in ihrem Tun – wenngleich immer wieder zu Lasten der vernachlässigten Tochter – tatsächlich die Heldin war, als die sie ihr mit all ihren Geschichten von früher erschienen war.
Noch überraschender sind die erstaunlichen Verknüpfungen zwischen den Märchenfiguren aus dem Fantasieland und ihren Erlebnissen und einigen ganz real mit im selben Mietshaus wohnenden ehemaligen Schützlingen Omas. Dieses Wechselspiel zwischen scheinbar Erfundenem und der Wirklichkeit macht einen großen Teil des Charmes dieses Romans aus, der ansonsten wie der Vorgänger „Ein Mann namens Ove“ vor allem von den herrlich gezeichneten Charakteren lebt.
Hier sind es insbesondere die hinreißende Großmutter, die im Übrigen auch für manch komische Szene sorgt, wie auch Elsa als sehr eigene Persönlichkeit. Fazit: eine lebenskluge Tragikomödie, die ebenso originell wie tiefsinnig ist.

# Fredrik Backman: Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid (aus dem Schwedischen von Stefanie Werner); 455 Seiten; Krüger Verlag, Frankfurt; € 19,99

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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