JAN FABER: „DER LOBBYIST“


Laut Verlagsangaben ist Jan Faber das Pseudonym eines erfahrenen Polit-Insiders. Viel Einblick bewies er jedenfalls mit seinem Debüt „Kalte Macht“, einem veritablen Thriller mit viel authentischem Flair des Berliner Regierungsbetriebs. Mit seinem neuen Roman „Der Lobbyist“ geht er über die Grenzen deutscher Politik weit hinaus, auch wenn einheimische Strippenzieher eine gewichtige Rolle spielen.
Wer bei Lobbyisten allerdings an die üblichen Vertreter aus vielen Bereichen von Wirtschaft und Verbänden denkt, die „ihre“ Volksvertreter auf vielfältige Weise bei der Gesetzgebung zu beeinflussen versuchen, wird hier mit ganz anderen Dimensionen und internationalen Verflechtungen konfrontiert. Zum Einstieg geht es denn auch um Tatjana Lossowa, die für den Vorstand eines deutschen Energiekonzerns arbeitet.
Ihr Vater Arkadi Lossow war einst Weggefährte des milliardenschweren Oligarchen Lewtschenko, dem der russische Energie-Gigant GasNeft gehört. Nun aber bedroht Lossow dessen Imperium durch brisanten Papiere und wird nicht nur von der Polizei festgesetzt, während sein Sohn spurlos verschwindet – Tatjana wird zur Gejagten, weil sie die lebensgefährlichen Aufzeichnungen in Händen hält. Zugleich kommt Matthew Meyer ins Spiel, Spindoktor des amtierenden Bundeswirtschaftsministers, mit dem sie eine Liaison eingeht.
Eine nützliche Verbindung, denn der alerte Meyer hat sehr interessante Verbindungen und viel Durchblick. Daran dreht auch Bernhard van Straaten, unauffällige aber äußerst mächtige Graue Eminenz in der Energiewirtschaft. Der zieht ebenso diskrete wie skrupellose Strippen, denn nach der Abwendung von der Atomenergie wollen die Konzerne andere Pfründe sichern. Seine Netzwerkstrategie, die neben direkter Korruption schmutzige Tricks größten Ausmaßes einschließt, beruht auf einem klaren Prinzip, wie Meyer Tatjana erklärt.
„Jemand wie van Straaten denkt überhaupt nicht in Kategorien wie Freundschaft oder Feinschaft. Für ihn definiert sich die Bedeutung eines Menschen eher über dessen Nutzwert.“ Unter diesem Aspekt steht auch die Beziehung des Wirtschaftslenkers zu Wirtschaftsminister Schneider. Ihn hat Faber auf hinreißende Weise und bis zur Kenntlichkeit als einen polternden Machtmenschen aus dem Ostwestfälischen gezeichnet, der nach der verlorenen Bundestagswahl im Juli 2012 doch nicht neuer Bundeskanzler wird, dafür jedoch einen hohen Posten beim russischen Gas-Konzern in Aussicht hat.
Der Abend der knapp verlorenen Wahl im Fernsehen mit der unflätigen Konfrontation mit der siegreichen Oppositionsführerin ist ein geradezu satirischer Leckerbissen mit hohem Wiedererekkennungswert. Ansonsten aber herrscht Hochspannung im rasanten Geschehen vor, wenn die Häscher Tatjana auf den Fersen sind, eine berühmt-berüchtigte russische Spitzenjournalistin in London mit radioaktivem Gift umgebracht wird und Matthew Meyer einer ungeheuren Sauerei des Hyper-Lobbyisten van Straaten auf die Spur kommt. Sein Netzwerk wie auch jenes der russischen Gegenspieler reicht allerdings bis in höchste Kreise hinein...
Jan Faber entwirft in dem wendungsreichen Roman ein hartes bis zynisches Bild dessen, was hinter den Kulissen von politischer und Wirtschaftsmacht abläuft. Kenntnisreich und auf der Grundlage intensiver Recherche setzt er den ohnehin realitätsnahen Schilderungen ein gekonntes Sahnehäubchen auf: es werden Zeitungsartikel im originalen Satzspiegel wichtiger Medien wie auch Gesprächsprotokolle eingefügt, um das Alles noch authentischer wirken zu lassen.
Fazit: ein gekonnter Politthriller aus deutschen Landen mit präzisem Zeit- und Lokalkolorit, der ungemein fesselt und absolut filmreif ist er obendrein.

# Jan Faber: Der Lobbyist; 407 Seiten; Page & Turner Verlag, München; € 19,99

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen. 


Kennziffer: BEL 1066 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de