NADIFA MOHAMED: BLACK MAMBA
BOY
Nach dem bestens aufgenommenen zweiten Roman Der Garten der verlorenen Seelen
(2014) liegt nun auch Nadifa Mohameds Debütroman Black Mamba Boy von 2010 auf
Deutsch vor. Die somalisch-britische Autorin erzählt darin die bewegte Geschichte des
kleinen Jama, eines Gassenjungen aus der jemenitischen Hafenstadt Aden und sie erklärt
dazu, dass die geschilderten Ereignisse auf den Erinnerungen ihres eigenen Vaters beruhen.
Der Vater des damals Zehnjährigen verließ die Familie schon vor Jahren, um im Ausland
Geld zu verdienen. Als nun im Oktober 1935 Jamas Mutter stirbt, gibt es für den Jungen
nur noch ein Ziel: den verschollenen Vater zu finden. Doch es sind gerade auch in dieser
Weltgegend äußerst unruhige Zeiten, wo sich die Kolonialmächte bekriegen und Mussolini
schließlich einen barbarischen Krieg zur Eroberung Abessiniens anzettelt.
Für Jama kommen zu Hunger und Armut nun auch noch lebensgefährliche Erlebnisse, denn die
als Wilde betrachteten Einheimischen werden zu Handlangern des Militärs gedungen. Immer
wieder entgeht Jama nur um Haaresbreite dem Untergang und es kommt zu Szenen heftigster
Grausamkeiten, in denen Freunde von ihm qualvoll umkommen. Zugleich sind es gerade jene
Passagen über die Einsamkeit wie auch die oft überlebenswichtige Kameraderie mit anderen
Streunern, die besonders bewegen.
Es wird eine jahrelange Wanderung durch ein zerrissenes Afrika, bei der aus seiner Suche
nach dem Vater längst auch eine Suche nach einer Heimat geworden ist. Und bei all den
Enttäuschungen und Niederlagen, die er auf seiner Odyssee durch Ostafrika, in den Sudan
und Ägypten durchleidet, lässt er doch nie die Hoffnung fahren, sein eigenes
Vaterland zu finden.
Aber er ist ja nicht einzig auf dieser verzehrenden Odyssee und im Nachkriegspalästina
gerät er, inzwischen Seemann geworden, sogar auf die legendäre Exodus, jenes
schicksalhafte Schiff, mit dem 1947 tausende von Juden, die den Holocaust überlebt haben,
versuchten, in ihre ersehnte Heimat Israel zu gelangen. Weder sie noch Jama erreichen ihr
gelobtes Land auf direktem Weg, Jama aber lernt von einer freundlichen alten Frau eine
wichtige Weisheit: Heimat ist nicht immer dort, wo man geboren wurde.
Auf seiner schier endlosen Wanderschaft über zwölf Jahre und fast ebenso viele Länder
landet er schließlich in England und genießt ein kurzes bescheidenes Glück. Und dann
eröffnet sich auch der Zauber der titelgebenden Black Mamba, die ihn nicht nur so viele
Fährnisse überstehen ließ, sondern ihn eines Tages nach Eritrea in Ost-Afrika
zurückruft. Dort hatte er die schöne Betlehem kennen- und lieben gelernt und nun
erfährt er von der Geburt ihres gemeinsamen Kindes.
Bildhaft und mit fesselnden Szenen begeistert diese Geschichte eines Mannes, der unendlich
viel durchleiden musste und zugleich das Glück dessen hatte, der niemals die Hoffnung
aufgibt. Fazit: zu Recht wurde dieses intensive wie anrührende Lesevergnügen bereits mit
zahlreichen Preisen bedacht.
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