MICHAEL
WALLNER: DIE FRAU DES GOUVERNEURS
Als Schauplatz seines jüngsten Romans Die Frau des Gouverneurs hat sich der
österreichische Erfolgsautor Michael Wallner Kuba in den späten 20er Jahren ausgesucht.
Was zunächst wie eine Liebes- und Abenteuergeschichte erscheint, entwickelt sich
schließlich zu einem regelrechten Politthriller.
Im Mittelpunkt steht der junge Chemiker Christian Tolmein, verlobt mit Carlotta Dücker,
Tochter des Lübecker Stahlunternehmers Dücker. Ursprünglich hatte Tolmein Brückenbau
studiert, dann aber auf Chemie umgesattelt. Nun soll er im hochmodernen Labor seines
Schwiegervaters in spe einen neuen Kunststoff entwickeln. Zuvor aber entsendet der
Patriarch Carlotta mit ihrem Verlobten nach Kuba, um dort über Nickel-Schürfrechte zu
verhandeln. Tolmein als eher nüchterner Norddeutscher tut sich in dem brütenden
Tropenklima allerdings schwer, während Carlotta mit den Verhandlungen auf massive
Widerstände stößt.
Unter dem historisch verbürgten Präsidenten Machado Y Morales herrscht ein Klima von
Korruption und Unterdrückung. Heimlicher Drahtzieher hinter dem üblen Gouverneur aber
ist der US-Gesandte Roos, ein skrupelloser Widerling mit allergrößtem Einfluss. Dann
kommt es zu einer folgenreichen Begegnung des gelangweilten Tolmein mit der Gattin des
Gouverneurs, einer faszinierenden ungebärdigen Karibik-Schönheit. Diese Yamilé hat
jedoch einen gefährlichen Hang: sie sympathisiert mit den Rebellen in den Bergen, die
gegen das mächtige Ausbeutersystem kämpfen.
Ihr Mann droht mit Konsequenzen für das Fehlverhalten und will ihr den gemeinsamen Sohn
wegnehmen. Zwischen Tolmein und der bewunderten Gouverneursgattin knistert es derweil,
mehr nicht. Und schon steht wegen der erfolglosen Verhandlungen Carlottas die Heimreise
an. Vor der Tolmein jedoch noch einmal die Angebetete sieht und es zu einem einzigen
inbrünstigen Kuss kommt. Heimlich, aber nicht unbeobachtet.
Wie dann mit einem Lockangebot der Bau einer Brücke für die bisher verweigerten
Schürfrechte eine ebenso raffinierte wie heimtückische Falle gelegt wird, das
entwickelt sich nun zum wahren Schurkenstück. Unternehmer Dücker selbst schickt Tolmein
zurück nach Kuba, um die gewünschte Brücke zu bauen. Das abgefeimte Ränkespiel gelingt
dank der Labilität des jungen Deutschen. Alsbald sind Yamilé und er ein Liebespaar und
der Gouverneur schafft den Sohn zu einem rabiaten Landpatriarchen. Von wo die Verliebten
das Kind prompt entführen.
Womit sie ungeahnt exakt die Erwartungen der schurkischen Kräfte erfüllen, denn sie
verstecken den Jungen im Lager der Rebellen und auf dieser Insel bleibt nichts
unbeobachtet. Mehr sei von dem exotisch schwülen Spiel nicht verraten. Das Alles liest
sich rasant, wenngleich die Figuren etwas holzschnittartig angelegt sind. Der exotische
Schauplatz vor realem historischem Hintergrund entfaltet einigen Charme und spannend
geschrieben ist der Roman ohnehin. Fazit: ein guter Unterhaltungsroman, nicht mehr, aber
auch nicht weniger.
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