FREDRIK BACKMAN: „EIN MANN NAMENS OVE“


Nein, jemanden wie Ove Svensson möchte man nicht als Nachbarn haben. Jeden Morgen macht der ewig grantige 59-Jährige seine Kontrollrunden im Carré, bemängelt hier etwas, stört sich da an einem nicht ordnungsgemäß abgestellten Fahrrad und schreibt Falschparker auf. Bärbeißig und wortkarg gibt sich das Ekel und niemand ahnt, dass er an sich ein Herz aus Gold hat.
Warum er so verbittert ist, was er dagegen tun will und warum dann doch irgendwie alles ganz anders kommt, das erzählt der schwedische Jung-Autor Fredrik Backman in seinem tragikomischen Roman „Ein Mann namens Ove“. Schon immer war der kreuzbrave und handwerklich so überaus geschickte Ove kein Mann vieler Worte und eher auf Schwarz und Weiß und eine gründliche Ordnung ausgerichtet. Um so wichtiger war seine Sonja für ihn, die so unendlich viel Farbe in sein Leben brachte, und der er öfter hätte sagen sollen, wie sehr er sie liebte.
Seit sechs Monaten ist Sonja tot und dann hatte seine Firma auch noch die dumme Idee, dass dieser Ausbund an Geschicklichkeit und Zuverlässigkeit genug gearbeitet und nun seinen Vorruhestand verdient habe. Um so intensiver kümmert sich der vom Leben ohnehin nie Verwöhnte um sein Wohnumfeld, sorgt für die strikte Einhaltung jener Hausordnung, an deren Ausarbeitung er einst selbst mitgewirkt hat, denn in seinem einfachen Weltbild gilt: Regeln sind Regeln und die sind einzuhalten.
Was die immer wieder genervten Nachbarn aber nicht ahnen, ist, dass Ove längst seinen Abgang plant, um endlich wieder bei seiner Sonja zu sein. Sehr sorgfältig trifft er seine Vorbereitungen, will schließlich denjenigen, die ihn nach dem Suizid finden, möglichst wenig Ärger bereiten. Doch ganz so einfach, wie er sich das vorstellt, will es einfach nicht gelingen, weil immer etwas dazwischen kommt. Vor allem eine neue junge Familie stört die Ordnung massiv und fordert seine ganze Autorität schon beim Einzug heraus. Da parkt der lange blonde und offenbar handwerklich völlig unbedarfte Patrick ungeschickt im Parkverbot vor Oves Briefkasten. Ove läuft zu Hochform auf, hat aber plötzlich die kleine und unübersehbar orientalische Ehefrau Parvaneh vor sich. Die ist nicht nur sehr schwanger, die entgegnet seinem Gegrantel mit freundlicher Direktheit und kein bisschen beleidigt.
Und diese liebenswürdige Person trifft exakt den richtigen Ton bei Ove und zusammen mit Patrick bringt sie ihn mit ihrer Mischung aus fröhlichen Bitten und himmelschreiender Inkompetenz bei so vielen alltäglichen Dingen des Lebens so aus dem Konzept, dass er sich immer wieder verpflichtet sieht, helfend einzugreifen. Aber wie kann einer in Ruhe seinen Selbstmord in die Tat umsetzen, wenn so vieles zu regulieren ist und nur er dies offenbar kann?!
Schließlich bleibt es nicht bei diesem so hilfsbedürftigen schwedisch-iranischen Pärchen mit den überall herumtollenden kleinen Kindern. Bald hört Ove, dass die Behörden seinen einst größten Gegner in der Hauseigentümergemeinschaft wegen Demenz in ein Heim abschieben wollen – zum Entsetzen seiner Ehefrau. Ganz nebenher adoptiert ihn, der Katzen noch nie leiden konnte, auch noch ein von vielen Abenteuern gezeichneter Kater wie selbstverständlich als Herrchen.
Man ahnt es: bei so vielen Missständen in der kleinen Welt um ihn herum muss seine Trauer zurückstehen und die Wiedervereinigung mit Sonja warten. Wie sich das alles aber entwickelt, mag zwar einigermaßen vorhersehbar sein, Backman erzählt das jedoch kein bisschen rührselig geschrieben und wo die wunderbare Geschichte bewegt, tut sie es zugleich mit einem herrlich trockenen und zuweilen skurrilen Humor. Fazit: ein rundum gelungener Wohlfühl-Roman, warmherzig und trotz mancher kauziger Szenen ganz und gar ernst zu nehmen.

# Fredrik Backman: Ein Mann namens Ove (aus dem Schwedischen von Stefanie Werner); 368 Seiten; Krüger Verlag, Frankfurt; € 18,99


WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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