CHRISTIAN MÄHR: TOD AUF DER
TAGESKARTE
Mit Tod auf der Tageskarte hat der österreichische Erfolgsautor Christian
Mähr erneut zugeschlagen und diesmal siedelt er seinen gediegenen Thriller direkt in
seiner Vorarlberger Heimat an. Da spielt das altmodische Gasthaus Blaue Traube
eine zentrale Rolle und dessen Wirt Matthäus Spielberger insbesondere.
Der Leser muss diesmal allerdings ein wenig Geduld aufbringen, bis die Post so richtig
abgeht, denn Mähr führt recht gemächlich ein in diese verschroebene Geschichte, die
sich bis zum veritablen und absolut filmreifen Thriller aufschaukelt (in der Hauptrolle
des Wirtes unbedingt Knochenmann und Aufschneider Josef Haderer!).
Spielberger hat ein aufwändiges Hobby, denn zum Unwillen von Gattin Mathilde investiert
er viel Zeit und Geld in die Astronomie.
Bei einem seiner Ausflüge als Hobby-Sterngucker vermeint er zunächst etwas
Erschreckendes zu sehen, um alsbald auf eisglatter Straße in den Graben zu fahren. Er
kommt zwar mit einer Gehirnerschütterung davon, hat aber plötzlich die erschreckende
Gabe von prophetischen Wahrträumen. Und das, was er vor dem Unfall nur geahnt
zu haben vermeinte, wird dabei zur plastischen Szene, in der ein nackter Mann von zwei
anderen von einer Brücke in die Rappenlochschlucht geworfen wird.
Dieses Hirngespinst quält den kauzigen Grantler derartig, dass er sich seinen ähnlich
gearteten Stammtischbrüdern anvertraut. Die sind wie alle Akteure bei Christian
Mähr von sehr eigener Provenienz vom leicht aufbrausenden Holzschnitzer Moosmann
über den Buchhalter und verhinderten Bariton Franz-Josef bis zu Dr. Peratoner, ehemaliger
Chemielehrer mit Neigung zu allwissenden Vorträgen. Gegen das alltägliche Einerlei
beschließen die Vier, doch wenigstens einmal ein wenig Ausschau am erträumten
Tatort zu machen.
Mit Folgen, denn es gab ja wirklich einen ominösen Vorfall, bei dem der Spieler,
Firmenerbe und Gauner Büchel seiner Liquidation entging und mit dem Beauftragten dafür
sogar eine Zweckgemeinschaft einging in einem oberkriminellen Spiel mit ungeahnten
Dimensionen. Einem dieser Ganoven begegnet die Stammtischrunde nun auf dem Weg zum
Schauplatz des Verbrechens und schon rutschen sie in ein dunkles Abenteuer, in das sie
sich auf immer gefährlichere Weise verstricken.
Als nun auch noch der Oberst hinzukommt, offenbar Abgesandter eines nicht
konkret benannten Geheimdienstes mit Millionen-Auftrag, und schließlich auch noch Anatol
auftaucht, der bei seiner Arbeit für eine ähnlich obskure Organisation noch weniger
zimperlich vorgeht, dreht sich das Karussel von Mord und Totschlag, von Spionage und
anderen Winkelzügen immer verrückter in diesem bitterbösen, schwarzhumorigen
Austro-Stil des gelernten Chemikers Mähr. Der einmal mehr genau diese Spezialkenntnisse
mit einsetzt und die Erfindung des Diplomingenieurs Lässer zum Dreh- und Angelpunkt
macht.
Lässers angeblicher Geistesblitz hat der Angestellte Büchels zu einem vielfach begehrten
hochgeheimen Handelsobjekt gemacht und nicht nur sein heimtückischer Chef dreht an einem
ganz großen Rad bei der Vermarktung. Mehr sei hier verraten, denn das veschrobene
Stammtischquartett muss nicht weniger als unter anderem den Weltfrieden retten. Eine
schöne Geliebte, deftige Wirtshausleckereien und ein dramatisches Finale im verschneiten
Gamperdonatal sind dabei ebenso Ingredienzen zu einem herrlich abgründigen Lesevergnügen
wie als weitere Zugaben einige herbe Todesfälle.
Viel Schmäh und manche Zwiesprache mit dem Leser der nicht zu zartbesaitet sein
sollte garnieren diesen Roman auf so spezielle Weise, dass man über eine Anmerkung
des Verlages schier jubeln möchte: Der erste Fall für Spielberger und seinen
Stammtisch - Fortsetzungen dürfen also ziemlich konkret erwartet werden!
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