WOLF SERNO: DER MEDICUS VON
HEIDELBERG
März 1500 im Schweizer Kanton Thurgau: seit drei Tagen liegt Elisabeth Alespachim in den
Wehen. Weder der Wundarzt, noch der Bader oder die Wehmütter können ihr helfen, denn das
Kind liegt in Steißlage. Jacob Nufer, inr Ehemann und von Beruf Schweinekastrator mit der
zusätzlichen Erfahrung eines Feldschers, drängt zur sogenannten Schnittentbindung.
Die aber ist seitens der Kirche streng verboten, erst nach dem Tod der Gebärenden durfte
man versuchen, das Kind herauszuschneiden. Nufer gelingt es jedoch, vom Prälaten eine
solch wachsweiche Anweisung zu erhalten, dass er sich wagt, sie als indirekte Erlaubnis zu
werten. Und das so Unerhörte ist von Erfolg gekrönt, denn Mutter und Kind überleben den
später als Kaiserschnitt bezeichneten Eingriff.
Das Ehepaar Nufer wie auch die Schnittgeburt und dessen Verbot sind historisch verbürgt.
Der vor allem an alter Medizingeschichte interessierte Erfolgsautor Wolf Serno hat auf der
Grundlage dieses damals sensationellen Ereignisses unter dem Titel Der Medicus von
Heidelberg einen Spannungsroman geschrieben. Als Ich-Erzähler stellt er dabei Lukas
Nufer in den Mittelpunkt, den fiktiven Sohn Jacob Nufers. Der war als damals noch
jugendlicher Assistent bei der rettenden Tat dabei und derartig fasziniert davon, dass er
unbedingt Arzt werden wollte.
Seine Studien beginnt er den Regeln gemäß mit dem Studium der Schönen Künste in Basel,
verlässt die Stadt jedoch nach einem Erdbeben. Auf dem Weg nach Erfurt, wo er
weiterstudieren wollte, gerät er in für damalige Verhältnisse nicht ungewöhnliche
Abenteuer. Die Kutsche wird überfallen und er gemeinsam mit seiner Mitreisenden
Prinzessin Odilie als Geisel genommen. Mit Hilfe eines Tricks können die Beiden
entkommen, bevor ganz Schlimmes passiert. Zugleich verlieben sie sich ineinander
eine Liebe ohne Chance, allerdings mit Folgen, wie sich erst später herausstellt.
Spannend in diesem farbenfrohen bewegten Historienroman sind aber auch die übrigen
Charaktere, sei es der ganz reale Raubritter Götz von Berlichingen, sei es in Erfurt
Martin Luther, mit dem sich Lukas sogar anfreundet. Wichtig wird zudem der Jude Fischel
Blau, bester Freund und auch Retter in der Bot. Die wird dann durch den Vater Odilies, den
Kurfürsten Philipp von der Pfalz am größten, wenn es schließlich zu einem dramatischen
Finale kommt.
Das Alles ist lebensnah mit gradliniger Prosa erzählt, in der die Dialoge jener Zeit
angepasst sind. Zudem eröffnet der Autor einen kundigen Blick in die damaligen
Lebensverhältnisse sowie die medizinischen Kenntnisse und wie man sie studierte. Das mag
keine hohe Literatur sein, aufschlussreiche und spannende Unterhaltungslektüre ist es
allemal.
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