HANS-DIETER GELFERT: „WILLIAM SHAKESPEARE IN SEINER ZEIT“


Mag es auch bis heute Zweifel daran geben, ob tatsächlich William Shakespeare der Autor all der großartigen Werke unter seinem Namen ist, die noch heute die Bühnen der Welt beherrschen, so dürfte er gleichwohl den meisten Menschen als der größter Dichter und Dramatiker aller Zeiten gelten. An seinem mutmaßlichen Geburtstag, dem 23. April, wird seit 1995 der Weltbuchtag begangen und in diesem Jahr ist zudem sein 450. Wiegenfest.
Ein buter Anlass für ein Buch, das sich dem ganzen Shakespeare widmet und unter den deutschsprachigen Experten ist wohl kaum jemand mehr dazu berufen als Hans-Dieter Gelfert, emeritierter Professor für Englische Literatur an der Freien Universität Berlin. Unter dem Titel „William Shakespeare in seiner Zeit“ bettet er eine kluge Biographie ein in das nicht von ungefähr als goldenes bezeichnete Elisabethanische Zeitalter sowie in sein gewaltiges Werk.
So führt Teil I in ein nach vielen Umbrüchen aufstrebendes England, das unter Königin Elisabeth I. poli-tisch und kulturell im Geiste der Aufklärung und der Reformation an der Schwelle zur Neuzeit steht. Eine Ära, in der der Grundstein zum Empoire gelegt wurde, die aber auch Land selbst durch ein neues gesellschaftliches Bewusstsein und das Aufkommen des Bürgertums nicht zuletzt in einer reichen Theaterkultur erblüht.
Das brachte auch eine Vielzahl begabter Schauspieler und Dramatiker hervor und einer von ihnen war der junge Mann aus Stratford-upon-Avon, dessen Vita sich Gelfert im zweiten Teil zuwendet. Er macht kein hehl daraus, dass die Quellenlage bis heute nicht sehr ergiebig ist. Keine Briefe sind überliefert und selbst sein Testament aus dem Todesjahr 1616 als einziges privates Schriftstück Shakespeares ist nichgt als eigenhändig verfasst gesichert. Um so intensiver untersucht der Autor die Denk- und Gefühlswelt des Genies unter Auswertung der Sonette und des Gesamtwerks.
Aus den 154 Sonetten, die Gelfert allesamt meisterlich neu ins Deutsche übertragen hat, zieht er seine klugen Schlüsse und lässt den Dichter gewissermaßen auch sich selbst erklären. Um so tiefer geht dann im dritten Teil die Deutung, denn hier wendet sich der Wissenschaftler ausführlich den einzelnen werken von den frühen Komödien bis zu den späten Tragödien zu. Die Zeitlosigkeit, die bewusstseins- und sozialgeschichtliche Wucht vieler Werke wie auch Shakespeares Vielfalt der zentralen Motive werden offenbar.
Hans-Dieter Gelfert versteht mit seiner präzisen wie auch lebendigen Schreibweise, den trotz allem so schwer greifbaren Shakespeare auf dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung im Gesamtkontext zu porträtieren. Das ist profund, das ist spannend und das ist zumindest im deutschsprachigen Raum das zeitgemäße Nonplusultra zu einer faszinierendsten Persönlichkeiten der Weltgeschichte.

# Hans-Dieter Gelfert: William Shakespeare in seiner Zeit; 471 Seiten, div. Abb.; C. H. Beck Verlag, München; € 26,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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